Choreograf Miguel Angel Zermeño während der Probenarbeit mit den EVIM Akteuren.

Profis auf der Bühne - die Akteure der Schlockertigers aus Hattersheim

Bewegungsanmut in der Wasserszene

Mit Konzentrationsübungen den Körper auf die Probe einstimmen

"Es ist für mich das anspruchsvollste Stück" - Miguel Angel Zermeño choreografiert das Tanzprojekt "Babylon"

Miguel Angel Zermeño ist nicht nur ein preisgekrönter Tänzer und Choreograf, der alle drei Teile des inklusiven Tanzprojektes der LORENZ-Stiftung in Kooperation mit EVIM seit zehn Jahren begleitet. Der gebürtige Mexikaner ist auch ein erfahrener Tanzpädagoge. Deutschlandweit hat er vielfach inklusive und integrative Tanzprojekte mit Kindern und Jugendlichen realisiert. Für Babylon ist er zudem für Regie und Inszenierung verantwortlich. Im Interview berichtet er über das Besondere an diesem Werk.

Wie sind die Proben bei EVIM angelaufen?

Miguel Angel Zermeño: Gut. Die Organisation ist sehr professionell. Es gibt feste Ansprechpartner in den drei Gruppen. Die Logistik stimmt, sodass alle Akteure an den Proben teilnehmen können.

Was ist diesmal anders?

Miguel Angel Zermeño: Neu ist, dass alle EVIM Akteure von Beginn an gemeinsam proben. Erstmals ist die EVIM Band Ruhestörung dabei. Geblieben ist bei allen die enorme Begeisterung, wieder mitmachen zu können. Aber auch inhaltlich gibt es viel Neues.

Was genau?

Miguel Angel Zermeño: Integration und Inklusion stehen bei dieser Aufführung noch stärker im Fokus. Aber auch auf der musikalischen Ebene ist der dritte Teil der Trilogie viel breiter aufgestellt.

Was bedeutet das?

Miguel Angel Zermeño: Der erste Teil – Die Schöpfung – folgte musikalisch ganz dem gleichnamigen Oratorium von Joseph Haydn. Im zweiten Teil – Arche Noah - spielte ein klassisches Orchester zumeist Musik von Camille Saint-Saëns. In Babylon dominiert Cross-Over: Pop, Jazz, arabische Instrumente neben klassischem Orchester. Speziell für diese Aufführung wurden sogar neue Stücke von Marcus Schinkel komponiert. Dennoch gibt es auch in Babylon ein musikalisches Leitmotiv aus der sinfonischen Dichtung „Scheherazade“ von Nikolai Rimski-Korsakow.

In Babylon geht es um eine Geschichte aus der Bibel. Wie aktuell ist das Thema?

Miguel Angel Zermeño: Die Geschichte aus der Bibel wird nicht 1:1 übernommen und einfach illustriert. Sie dient als Motiv, das wir in einer eigenen fantasievollen Geschichte entwickeln und auf unsere aktuelle Situation in der Welt übertragen. In meinen Werken geht es immer auch um soziale und ökologische Themen, in deren Mittelpunkt der Mensch steht. Das Motto von Babylon - Miteinander Reden ist Gold - ist also sehr aktuell. 

Worin besteht die künstlerische Herausforderung im dritten Teil?

Miguel Angel Zermeño: Bei dieser Aufführung wird auf allen Ebenen alles neu integriert: Musik, Dramaturgie, Inszenierung sogar unter Einsatz von 3-D-Videoprojektionen. Es ist nicht nur eine Tanzvorstellung, sondern eher eine Oper mit allen Elementen: Musik, Gesang, Theater, Tanz, Schauspiel, Kostüme, Beleuchtung und so weiter. Wir führen praktisch eine Opera Prima auf, ein Werk, das es bis dato noch nicht gibt. Daher ist der dritte Teil auch choreografisch deutlich komplizierter.

Wie gestalten Sie Inklusion und Integration in diesem Projekt?

Miguel Angel Zermeño: Mein Ziel ist es, die einzelnen Gruppen – die Schüler aus Frankfurt und die EVIM Akteure – viel stärker zu mischen. Das ist uns schon beim Kick-Off in Frankfurt wirklich gut gelungen. Im Stück selbst gibt es mehrere Choreografien, in denen zum Beispiel drei unterschiedliche Gruppen gemeinsam auftreten. Doch bislang proben die Gruppen noch einzeln. Daher verlangt das im Moment von allen Mitwirkenden wirklich viel ab. Anspruchsvoll ist auch die Umsetzung auf der Bühne….

…die ja eigentlich ein Konzertsaal ist.

Miguel Angel Zermeño: Genau. Wir stehen vor der Aufgabe, den hr-Sendesaal in eine Bühne zu verwandeln, auf der sich die Magie des Theaters entfalten kann.

Mit dem Tanzprojekt Babylon findet die Trilogie ihren Abschluss. Was bedeutet diese Aufführung für Sie?

Miguel Angel Zermeño: Für mich ist es das anspruchsvollste Stück in Bezug auf Inklusion und im künstlerischen Sinn. Mit dieser Aufführung wollen wir Menschen zusammenbringen und gemeinsam ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die Herausforderungen, vor denen wir aktuell und in Zukunft stehen, nur gemeinsam zu lösen sind.

Wirkt die Zeit der Pandemie nach?

Miguel Angel Zermeño: Die Zeit vor der Pandemie ist nicht mehr vergleichbar mit dem Heute. Vieles hat sich in der Kommunikation geändert, die schneller und trotz aller neuen technischen Möglichkeiten nicht unbedingt besser geworden ist. Daher ist der Impuls, Menschen zusammenzubringen, um gemeinsam etwas zu gestalten und zu erleben, noch viel stärker geworden. Aus unserer Sicht ist das eine gute Erfahrung fürs ganze Leben.

Was ist das Besondere in der Zusammenarbeit mit EVIM?

Miguel Angel Zermeño: Das ist und bleibt der Enthusiasmus aller Beteiligten. Alle sind sozusagen ‚voll dabei‘, tauchen ein in unsere kreierte Welt und leben die Geschichte. Alles wird unternommen, um jeden künstlerischen Wunsch zu unterstützen und sich gegenseitig zu helfen.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der ersten gemeinsamen Probe aller Akteure in Frankfurt an diesem Wochenende! (hk)
(Fotos: EVIM/L. Farkas)