Ethikmoderatoren geben wertvolle Impulse in der Pflege und Betreuung

Mitarbeiter in der Pflege und Betreuung sind in der alltäglichen Arbeit immer wieder mit ethischen Fragestellungen konfrontiert, die häufig belastend sind. Um sie in der Entscheidungsfindung in komplexen Frage- und Problemstellungen zu stärken und sie als Moderatoren für ethische Einzelfallbesprechungen zu qualifizieren, schult die EVIM Altenhilfe ihr Fachpersonal mit einem externen Experten. 

Dozent Dr. Stefan Sander ist Dipl.-Theologe, Ethik- und Kommunikationstrainer, Trainer für Gruppendynamik DAGG und Organisationsberater. Er leitete die Fortbildung mit sieben Teilnehmerinnen aus fünf Seniorenzentren in Wiesbaden, Westerburg und Usingen. In einem ersten Modul wurden Grundlagen ethischer Argumentation und Entscheidungsfindung behandelt. „Die Teilnehmer lernen anhand der Methode der ethischen Fallbesprechung, Entscheidungen abzuwägen und zu begründen“, erläutert der Ethikexperte. Dabei gehe es um Fragen wie: Was ist das Richtige? Wie begründe ich meine Entscheidung? Welche Werte liegen meiner Entscheidung zu Grunde? Darauf aufbauend richtet sich das zweite Modul an Leitungskräfte, die ihre ethische Kompetenz ausbauen wollen und sich als Moderatoren qualifizieren möchten. Das Einbringen konkreter Fälle ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Fortbildung. Dabei handelt es sich nicht immer um die großen ethischen Dilemmata in der Pflege von Menschen am Lebensende. „Gerade im Umgang mit Menschen mit Demenz, die abwehrendes Verhalten zeigen, ist die Fortbildung eine wichtige Hilfe für Pflegekräfte“, sagt Andrea Kristionat,  Referentin für Aus-, Fort- und Weiterbildung in der EVIM Altenhilfe. 

Das bestätigten die Teilnehmerinnen während des Abschlussgespräches im Beisein des Geschäftsführers der EVIM Altenhilfe Frank Kadereit. Für Susanne Schönberger, die die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung in Westerburg koordiniert, gehören komplexe ethische Fragestellungen zum Alltag. Sie könne daher „ganz viel Positives mit ins Team“ nehmen. Sie habe hier gelernt „anders auf die konkrete Situation“ zu schauen. Die ethische Fallbesprechung erfordert eine andere Herangehensweise als die bereits etablierte Fallbesprechung, in der es um die Optimierung von Arbeitsabläufen geht. Darauf wies Marianne Meier hin, die ihr Team aus dem Ludwig-Eibach-Haus von der Methode begeistern konnte. In einem konkreten Fall, bei dem es um die „Kollision der Werte“ ging, hat sich im Ergebnis der ethischen Fallbesprechung nicht nur die Lebensqualität des Bewohners verbessert. Bei den betroffenen Mitarbeitern führte sie zu mehr Arbeitszufriedenheit und weniger Stress durch ungeklärte ethische Fragestellungen. Melanie Wegner erlebte die Vermittlung der neuen Methode als einen Lernprozess, in dem die Abgrenzung zur Fallbesprechung intensiv diskutiert wurde. Hier bestehe noch Klärungsbedarf. „Gemeinsam ist es leichter, Handlungssicherheit zu bekommen“, bekannten die beiden Teilnehmerinnen aus dem Johann-Hinrich-Wichern-Stift Birgit Menzel und Sandra Ewert. Birgit Menzel fühlte sich in ihrer neuen Rolle als Ethikmoderatorin sichtlich wohl und, wie sie sagte, „genau richtig“. Einstellungen zu hinterfragen und eingeübte Denkmuster einfach mal auf den Kopf zu stellen, sei aus ihrer Sicht eine überaus lohnenswerte Erfahrung. "Die Fortbildung gibt die Möglichkeit, aktiv zu werden und Lösungen zu suchen." Sich in belastenden Situationen zurückzuziehen, sei auf Dauer keine Lösung, so die Pflegedienstleiterin. Denn es geht auch um „Selbstpflege“, wie ihre Kollegin Sandra Ewert ergänzte. 

Frank Kadereit hob den Stellenwert dieser Fortbildung im Gesamtkonzept der EVIM Altenhilfe hervor. In seinem Berufsleben habe er aus tiefster Überzeugung fast immer für ethisch geprägte Träger wie EVIM gearbeitet.  „Ethikmoderatoren sind essentieller Bestandteil unseres Auftrages als diakonisches Unternehmen“, sagte der Geschäftsführer. Das Ergebnis der Fortbildung sei nicht „nice to have“, sondern müsse jetzt strukturell in den Einrichtungen verankert werden. Dafür skizzierte Andrea Kristionat die nächsten Schritte, die zu mehr Methodenkompetenz in den Teams und zur Etablierung der ethischen Fallbesprechung in den Einrichtungen führen sollen. Die aktuelle Fortbildung sieht sie als einen wichtigen Baustein, um Pflegekräften in komplexen ethischen Fragestellungen Kompetenz zu vermitteln. „Fortbildungen zur Integrativen Validation und basalen Stimulation sind seit vielen Jahren fester Bestandteil in unserem Programm“, betonte die Referentin. 

Foto: Die Ethikmoderatorinnen in der EVIM Altenhilfe: (2.v.l.n.r.) Melanie Wegner, Sandra Ewert, Birgit Menzel, Annette Porstmann, Susanne Schönberger, Marianne Meier, (nicht im Bild: Renate Schlag). Ganz links im Bild Andrea Kristionat mit Dr. Stefan Sander und Frank Kadereit (rechts)

EVIM Gemeinnützige Altenhilfe GmbH
Die EVIM Gemeinnützige Altenhilfe GmbH ist Träger von 12 stationären Pflegeheimen, einem Ambulanten Pflegedienst und 9 ServiceWohnanlagen für Senioren in Wiesbaden, dem Rhein-Main Gebiet und Rheinland-Pfalz. Insgesamt 1.000 Beschäftigte sichern ein breitgefächertes, abgestuftes Hilfeangebot für etwa 1.800 ältere Menschen in der Region.