Berufliche Integration (III): Mit Beharrlichkeit zum Erfolg

Die 85-jährige Irene Hahn und die 29-jährige Rebecca Jimenez-Enguita sind fast schon befreundet. Die eine wohnt und die andere arbeitet im Seniorenzentrum Hochheim. Als die Autorin erklärte, dass sie einen Bericht über Menschen mit Beeinträchtigungen auf Außenarbeitsplätzen schreibt, meinte die ältere Dame erstaunt: „Da sind Sie aber falsch hier.“ Was könnte treffender beschreiben, wie gut die Mitarbeiterin der Werkstatt Schlocker-Stiftung integriert ist.

Nicht nur mit Irene Hahn kommt die fröhliche junge Frau gut aus. Sie hilft allen Bewohnern in der Alltagsbetreuung, wo sie kann. Fährt sie spazieren, spielt eine Runde Rummy Cup mit und merkt, wenn Angehörigen ein Glas Wasser gut tut, die bei ihrem Familienmitglied wachen. „Sie ist einfach top“, lobt Christiane Sallmann, Fachfrau für den Sozialen Dienst. Heute habe sie zum Beispiel die Kochgruppe unterstützt. Sie passt auf, dass Bewohner genug zu trinken haben, weiß andererseits aber auch, dass sie kein Essen anreichen darf. Und bei Sommerfesten steht sie sogar mit ihrer Tanzgruppe auf der Bühne.

Als Rebecca Jimenez-Enguita 2005 in die Werkstatt Schlocker-Stiftung kam, war sie zunächst im Berufsbildungsbereich und montierte später Teile für die Industrie. Doch ihr liegt die Arbeit mit Menschen. Zu Hause hatte sie sich um eine ältere Nachbarin gekümmert. Sie sprach Ralf Thies an, der als Jobcoach Arbeitsplätze außerhalb der Werkstatt vermittelt. „ Rebecca Jimenez-Enguita ist jemand, der nicht aufgibt und Ziele beharrlich verfolgt.“ Nach Praktika in Kindergärten kam sie schließlich vor drei Jahren nach Hochheim. Hier ist sie genau richtig.

Das merken alle im Team. „Sie identifiziert sich absolut mit der Einrichtung“, freut sich Sallmann über die junge Mitarbeiterin. Es sei ihr Haus. Das Seniorenzentrum in Hochheim gehört mit zu den ersten Einrichtungen in der EVIM Altenhilfe, die Menschen mit Beeinträchtigungen Arbeitsplätze anboten, zum Beispiel Katrin Thümmel, seit sechs Jahren dort in der Hauswirtschaft und Björn Grande, seit über einem Jahr im Hausmeisterdienst. „Wir erleben oft, dass die guten Erfahrungen mit Klienten weiteren Interessenten den Zugang zu einem Außenarbeitsplatz öffnen“, weiß Thies. Auch daher sind Kooperationspartner wie das Seniorenzentrum Hochheim „unschätzbar wertvoll.“ Praktika und betriebsintegrierte Beschäftigungsplätze bestehen zudem in Schwalbach/Sulzbach, im Wichernstift, in Kostheim und im Ludwig-Eibach-Haus.
Für die Werkstattmitarbeiter bringt die Arbeit außerhalb der Werkstatt ganz viel Positives. Es zeigt sich immer wieder, wie beeinträchtigte Menschen durch die neuen Herausforderungen spürbar selbstständiger werden. „Allein der tägliche Fahrweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln bringt viel mehr Sicherheit im Alltag“, so Thies. Das bewies Rebecca Jimenez-Enguita auf einer Urlaubsreise in Berlin, als sie sich in der Stadt deutlich besser orientieren konnte, als ihre Kollegen aus der Werkstatt.

„Menschen mit Behinderungen haben ganz besondere Fähigkeiten und Potenziale. Um sie zu entfalten, braucht es Offenheit und den Willen von allen Seiten, es einfach mal auszuprobieren, wie hier“, ist Thies überzeugt. Unternehmen gehen damit kein Risiko ein, denn der Weg zurück in der Werkstatt steht allen jederzeit offen.

Foto: EVIM/O.Hebel