Brücken bauen zwischen Albanien und Deutschland

Arif und Guljem kannten Deutschland bisher nur aus dem Unterricht. Im Juli waren die beiden albanischen Teenager, 13 Mitschüler und drei Lehrkräfte nun für eine Woche zu Gast in Wiesbaden im Rahmen einer internationalen Jugendbegegnung.

Für alle war dies eine ganz besondere Erfahrung, von der nicht nur die beiden 16-Jährigen vom Fremdsprachengymnasium in Elbasan nahe der Hauptstadt Tirana schwärmten. „Es ist phantastisch, alles!“, sagten sie mit etwas Wehmut bei der Abschlussveranstaltung.

Dass diese Reise zustande gekommen ist, war dem Einsatz von vielen sozial engagierten Menschen zu verdanken. Ganz am Anfang stand eine persönliche Begegnung. Gabi Reiter vom Jugendzentrum (JUZ) Biebrich stellte vor vier Jahren als neue Mitarbeiterin Benjola Kapllani ein. Die sympathische junge Frau stammt aus Albanien. Ihre Chefin kam durch sie auf die Idee, einen Jugendaustausch auf den Weg zu bringen. Bis es soweit war, gab es zunächst jede Menge Arbeit. Geklärt werden mussten nicht nur die Finanzierung und die Frage nach Unterstützung für das Projekt. Sondern auch: Wo finden wir Partner, mit denen wir etwas bewegen können? Während in Wiesbaden ein gut funktionierendes Netzwerk besteht, ist Albanien nicht nur ein geografisch fernes Land.

Persönliche Kontakte

Die Brücke dorthin baute Kapllani. Sie wuchs in Elbasan auf und lernte Deutsch an dem Gymnasium, dessen Schüler in Wiesbaden zu Gast waren. Im vergangenen Jahr wurde es im Rahmen einer Fachkräftebegegnung in Albanien besucht (EVIM Magazin berichtete). An diesem Projekt beteiligten sich EVIM Jugendhilfe, das JUZ und die Stadt Wiesbaden im Rahmen von „Wiesbaden Weltweit“. Die Schule in Elbasan war an einer Zusammenarbeit sehr interessiert.  

„Es ist toll, dass fünf von uns betreute Jugendliche mit dabei sein können“, freute sich Regionalleiterin Antje Meinzer aus dem EVIM Fachbereich. Der Jugendaustausch sei eine wunderbare Möglichkeit, dass junge Menschen in schwierigen Lebenslagen und mit wenig elterlicher Unterstützung internationale Erfahrungen sammeln können. Weitere Jugendliche wurden über das Jugendzentrum in Biebrich angemeldet. „Wie wichtig der persönliche Blick über den Tellerrand ist, um Verständnis unter den Nationen und Toleranz im Umgang miteinander zu entwickeln, zeigt sich immer wieder“, so Meinzer.

Spaß beim Lama-Trekking

Zum Auftakt des Besuchsprogramms wurde gemeinsam in der Jugendherberge übernachtet. Danach boten Workshops Gelegenheit, sich kennenzulernen. Zum Beispiel beim Kochkurs, beim Upcycling oder der Bildhauerei, was Guljem interessierte. Der junge Mann will unbedingt in Deutschland studieren, vielleicht IT. Mit Arif teilt er die Begeisterung für die deutsche Sprache. „Leichter als Englisch“, meinten die beiden schmunzelnd. Sie besuchten Schloss Freudenberg, das Sommerkino und natürlich die Rettbergs-Au. Der Empfang im Festsaal des Rathauses durch den Sozialdezernenten Christoph Manjura war ein besonderer Höhepunkt im Programm. Manjura ließ es sich nicht nehmen, auch zum Abschluss der Reise auf den Geisberg zu kommen. Dort erlebte er die begeisterten Teenager beim Lama-Trekking. Nach anfänglichen „Mutproben“, sich den stolzen Tieren zu nähern, lernten Arif und Guljem den artgerechten Umgang und führten die Lamas wie Profis.

Als am nächsten Tag der Abschied am Flughafen in Frankfurt nahte, gab es Tränen auf beiden Seiten. Die erlebnisreiche Zeit brachte alle näher, junge Menschen lernten einander kennen, erfuhren mehr über sich, über die anderen, über Land und Leute. Man hatte Spaß miteinander und machte gemeinsam neue Erfahrungen. Diesmal in Deutschland. Und vielleicht im kommenden Jahr beim Gegenbesuch in Albanien.

Foto: Sozialdezernent Christoph Manjura (mit Futtereimer) zu Besuch auf dem Geisberg. Die Lamas faszinierten nicht nur Arif (links) und Guljem (3.v.l.), sondern auch diejenigen, die hier zu Hause sind.