„Das Wir-Gefühl in der Gesellschaft nicht verlieren“

EVIM Mitarbeitende berichten über ihre Arbeit (I)

Erfahrungsbericht von Ulrike Köppen (32 Jahre), seit 14 Jahren bei EVIM im Seniorenzentrum Kostheim, seit 1.5.2020 als Pflegedienstleiterin:

„Die Pandemie, die Anfang diesen Jahres noch sehr weit weg schien und von der wir glaubten, dass sie den Weg nach Europa vermutlich nicht finden würde, verunsicherte mich, unsere Mitarbeiter und vor allem die Bewohner in unserer Einrichtung sehr.

Plötzlich ging alles sehr schnell. Unsere Einrichtung wurde für Besucher geschlossen, Bewohner, Angehörige und Mitarbeiter galt es schnell und detailliert zu informieren, Schutzmaterial wurde zusammengetragen. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich noch in der Einarbeitungsphase und war völlig überfordert mit der Situation. „Das hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt“, dachte ich so bei mir. Eigentlich wollte ich den Arbeitsablauf einer Pflegedienstleitung verinnerlichen, stattdessen ging es überwiegend um Krisenmanagement und Fallzahlen. Was für ein Start!

Im Moment - Anfang September 2020 - ist die Situation einigermaßen stabil und mir persönlich geht es gut damit. Wir alle hatten in den vergangenen sechs Monaten Zeit, uns an die neuen Gegebenheiten und Regelungen zu gewöhnen und einen Weg zu finden, damit umzugehen. Einiges hat sich geändert und wir werden uns auch zukünftig immer wieder anpassen müssen, wenn das Infektionsgeschehen es fordert.

Im Moment erlebe ich, dass etwas mehr Ruhe eingekehrt ist. Betriebs- und Arbeitsabläufe wurden so angepasst, dass es schon fast wieder „normal“ erscheint. Andererseits sind wir auf Mitarbeiterebene immer in Habachtstellung, denn der Gefahr ist quasi greifbar. Zutrittslisten führen, Besuchstermine vereinbaren, Bestände prüfen und Mundschutz tragen – all das ist in den neuen Arbeitsalltag übergegangen.

Am stärksten geprägt hat mich in den vergangenen Monaten wohl die Akzeptanz der Bewohner und deren Angehörigen in Bezug auf die vergangenen und bestehenden Einschränkungen. Ich selbst habe Freunde und Familie aus Vorsicht und Rücksicht gemieden und habe daher eine vorsichtige Vorstellung davon, wie schmerzlich manch einer vermisst wurde. Aber auch der besonnene und professionelle Umgang mit der Situation seitens unserer Mitarbeiter war bewundernswert. Denn unverändert geblieben sind sowohl die physische als auch psychische Nähe zu unseren Bewohnern, die gerade in dieser Zeit von besonderer Wichtigkeit war und ist.

Besonders viele Gedanken mache ich mir nach wie vor um die Gesunderhaltung unserer Bewohner und Mitarbeiter. Auf Leitungsebene versuchen wir täglich Arbeitsabläufe noch sicherer zu gestalten, ohne dabei die individuellen Bedürfnisse und Gewohnheiten der Bewohner einzuschränken. Außerdem schaue ich stirnrunzelnd auf die bevorstehende kalte Jahreszeit, wo sich vieles wieder drinnen abspielt und einfache Erkältungen schnell Unruhe auslösen können.

Wir haben in der Vergangenheit eine neue Form von Solidarität und Zusammenhalt in unserer Gesellschaft erlebt, als uns bewusst wurde, dass wir alle im selben Boot sitzen und gemeinsam in dieselbe Richtung rudern müssen. Meine Botschaft wäre, dass wir daran arbeiten sollten, dieses Wir-Gefühl nicht zu verlieren, mehr aufeinander acht zu geben und uns zu wertzuschätzen.

Die Arbeit bei EVIM bedeutet für mich Chancen zu ergreifen und dabei Unterstützung zu erfahren, mich persönlich auf vielerlei Ebenen weiter entwickeln zu können und als Mensch mit all meinen Stärken und Schwächen wahr und ernst genommen zu werden. EVIM ist über die Jahre für mich ein Wegbegleiter geworden, den ich nicht mehr missen möchte.“

(aus der EVIM-Artikelserie: MitMenschen unterwegs)