Der Schlockerhof krempelt die Ärmel hoch

Tilo Franzen ist kein Impfmuffel. Er vertraut seit jeher auf den rettenden Pieks zum Schutz vor Grippe, Tetanus, Masern & Co. In Bezug auf die Corona-Impfung ist das für ihn nicht anders. „Ich freue mich darauf“, sagte der 48jährige Klient am Freitag, den 26. März, vor dem Impftermin für rund 220 Impfwillige am Schlockerhof in Hattersheim. Und er hat dafür auch gute Gründe.

Bevor er und die anderen Teilnehmer die ersehnte Impfung bekamen, waren jede Menge Vorbereitungen nötig. Es galt Unterlagen und Formulare einzuholen, Einwilligung und Aufklärung zu dokumentieren und viele Fragen zu beantworten. Erschwerend kam hinzu, dass der erste Impftermin durch den bundesweiten Impfstopp für das AstraZeneca Serum ins Wasser fiel und kurzfristig abgesagt werden musste. „Das war ein herber Schlag“, erinnert sich Bastian König stellvertretender Einrichtungsleiter, der zusammen mit Fachkraft Sylvia Enste die Organisation der Impfaktion wuppte. Für die beeinträchtigten Mitarbeiter war das schwer zu verstehen und manchmal sind vor Enttäuschung auch „Tränchen geflossen“. „Zurück auf los“, so ließe sich die Situation wohl beschreiben.

Mehr „Nachrücker“

Die Fachkräfte vom Schlockerhof halfen mit, Ängste abzubauen. Wie gut das gelungen ist, bestätigt der Einrichtungsleiter Peter Griebel. „Wir können beim erneuten Impftermin mehr „Nachrücker“ feststellen, als Personen, die auf Grund des Impfchaos‘ rund um AstraZeneca abgesprungen sind.“ Sicher trug mit dazu dabei, dass Fachkräfte und andere EVIM Einrichtungen wie die EKOM, das Wohnhaus Schulstraße und die ESCAN inzwischen von mobilen Impfteams mit dem Serum versorgt worden sind und natürlich berichten können. Zudem hat sich der eine oder andere Kollege auch selbst um einen Impftermin bemüht. „Bei einigen traten Immunreaktionen auf, andere haben kaum etwas gespürt“, so Peter Griebel, der einen geplanten Impftermin in der kommenden Woche hat. Besonders freue er sich, dass das Hygienekonzept für die rund 450 Mitarbeitenden und 100 Fachkräfte so gut trägt. Seit Mitte Januar sind keine Infektionsfälle zu verzeichnen. „Achtzig Prozent aller Klientinnen und Klienten sind durchgängig zur Arbeit gekommen und nur etwa 30 bis 40 blieben aus unterschiedlichen Gründen daheim“, so der Leiter. Zu diesem Personenkreis haben die Fachkräfte weiterhin den Kontakt aufrecht erhalten. Dabei halfen Videochat, Telefonate und auch Heimarbeit.

Eingeübtes Procedere

Tilo Franzen ist einer, der sich selbst gut informieren kann. Er weiß, wie viele Menschen sich weltweit bereits impfen ließen und wie begehrt der Impfstoff ist. “Alle wollen den Impfstoff, da kann es nichts Schlechtes sein“, ist er überzeugt. Freunde von ihm haben die Impfung gut überstanden. Seine größte Motivation ist es, mit dem Impfschutz hoffentlich bald wieder Rollstuhlrugby zu spielen. Besonders vermisst er sein Mannschaftsteam, das er seit einem Jahr nicht mehr gesehen hat. Als er zum Impfen aufgerufen wird, geht er zielstrebig an den Platz. Das mobile Impfteam vom ASB in Kooperation mit dem Impfzentrum am Kastengrund impft hier sieben Personen innerhalb von zehn Minuten. Notärzte sind vor Ort, die das Geschehen begleiten und vor dem Pieks die Teilnehmer mündlich aufklären. Das Procedere ist eingeübt. Tilo Franzen muss nach der Impfung – wie jeder andere auch - für 15 Minuten zur Beobachtung in einen Wartebereich. Entspannt berichtet er dort, dass er sich „generalstabsmäßig“ auf diesen Tag vorbereitet habe. Da er allein in Delkenheim lebt, habe er für das Wochenende bereits vorgesorgt. Außerdem war ihm wichtig, dass die Spritze in den linken Arm kommt. „Damit habe ich weniger Probleme beim Schlafen.“

Bei dem einen oder anderen Angehörigen, der den Impfling begleitet, ist die Aufregung deutlich spürbar. Das Schlockerhof-Team ist geübt in Geduld und guter Argumentation, um die Anfragen zu klären und den Ablauf beizubehalten. Dazu trägt auch Beate Ziemer mit ihrem Hauswirtschaftsteam bei. Zuverlässig ist sie unterwegs, um zu desinfizieren und sämtliche Hygienemaßnahmen penibel einzuhalten.

Prinzip Hoffnung

Im Eingangsbereich zum Schlockerhof-Hauptgebäude, das an diesem Tag quasi ein kleines Impfzentrum ist, steht Sylvia Enste am Empfang. Bei ihr laufen alle Fäden zur Anmeldung und Dokumentation zusammen. „Der bundesweite Impfstopp hat einiges an Verunsicherung hervorgerufen“, erinnert sie sich, denn viele Mitarbeitende haben gesundheitliche Vorerkrankungen und zur Recht Fragen. Sie sei sehr froh, dass bei den Impfwilligen „die Hoffnung größer als das Bedenken“ sei. Mit dieser hohen Impfquote sollte der Schlockerhof schnell einen guten Status erreicht haben, wenn die zweite Impfung in etwa zehn bis zwölf Wochen erfolgt sein wird. (hk)

Foto (EVIM): Daumen hoch und Impfpass in der Tasche: Mitarbeiter Tilo Franzen und Fachkraft Katrin Lutz haben die Corona-Schutzimpfung lange ersehnt. Rund 220 Mitarbeiter:innen und Fachpersonal wurden am Schlockerhof geimpft.