Digitales Unterrichten quasi über Nacht

Eltern, Schüler und Lehrer können über die Zeit mit Corona ihr ganz persönliches Buch schreiben – so vielgestaltig sind die Erfahrungen, die jeder aus seiner Perspektive heraus erlebt. Eine große Herausforderung für alle war dabei die kurzfristige Umstellung auf den Online-Schulalltag.

Wie für viele Bildungseinrichtungen in Deutschland lief ab Mitte März auch der Unterricht am Campus Klarenthal nur noch digital. Von Vorteil war, dass der Campus digital gut aufgestellt ist – in Bezug auf die technische und personelle Ausstattung sowie konzeptionell durch das selbstorganisierte Lernen und die Einbindung digitalen Lernens in den Schulalltag. Trotzdem war kurzfristig jede Menge zu stemmen: der technische Support für Schüler und (oft auch) Eltern, damit die Online-Beschulung von zu Hause möglich ist, die Vorbereitung und Durchführung pädagogischer Konferenzen, unterrichtsvorbereitender Gruppen in den Fachschaften über Zoom und Microsoft Teams und der Umgang mit Konflikten, die sich aus der digitalen Unterrichtsgestaltung ergeben haben. Was tun, wenn ein Schüler sich nicht einloggt und so dem Unterricht längere Zeit fern bleibt? „Dann haben unsere Lehrkräfte schon mal bei ihm zu Hause vorbeigeschaut, woran es liegt“, erzählt Carlos Müller. Der Schulleiter ist selbst seit 25 Jahren digital unterwegs und setzt sich besonders dafür ein, Schulen das digitale Arbeiten näher zu bringen. Das ist nicht immer einfach, da alle Beteiligten ganz unterschiedliche Vorstellungen davon haben. Aus der Sicht von Carlos Müller fehlt es den Schulen vor allem an technischem Support, um die Digitalisierung im Bildungssystem voran zu bringen. „Was hilft es, wenn die Hardware vorhanden ist, aber kaum jemand Zeit und Know-How hat, diese am Laufen zu halten“, resümiert der Schulleiter. Daher gebe es am Campus eine PC-Abteilung mit 1,5 Mitarbeitern, die sich um den technischen Support kümmert und damit digitales Lernen sichert.

Anfang April laufe die Online-Beschulung bereits sehr gut, berichtet Müller im Podcast GOOD WORK der Plattform HUMIQ. Die neue Form des Unterrichts motiviert, trotz dem der persönliche Kontakt natürlich sehr fehlt und vermisst wird. „Normalerweise beginnt der Unterricht bei uns um 8.30 Uhr“, sagt der Schulleiter. In Zeiten des Online-Unterrichts geht es jedoch zuerst darum, sich über das Befinden auszutauschen – emotional und sozial, erst danach folgt der eigentliche Fachunterricht. Müller selbst habe in Corona-Zeiten mitunter mehr Kontakt mit Lehrkräften als im normalen Schulalltag. Zudem seien für ihn die pädagogische Konferenzen, die online realisiert werden, deutlich anstrengender. „Nach zwei bis drei Sessions bin ich wie gerädert“ bekennt der digital fitte Schulleiter. Diese Erfahrung bestätigten ihm auch die Lehrkräfte der Schule für Kinder beruflich Reisender, die bereits seit acht Jahren Online-Lernplattformen für die Beschulung nutzen.

Um aus den Erfahrungen des Online-Unterrichts zu lernen, wurde ein Fragebogen erstellt und den Schülern übermittelt. Die Ergebnisse sollen in künftige digitale Lernprojekte einfließen. Gefragt nach dem, was er bereits jetzt (Anfang April – Anm. d. Red.) aus Corona gelernt habe, antwortete Carlos Müller: „Man darf sich nicht zu sicher fühlen, in allem was man tut.“

Foto (EVIM/rui camilo): Digitale Lernprojekte gehörten auch vor Corona zum Schulalltag am Campus Klarenthal

Das ganze Interview zum Nachhören: https://humiq.de/podcast/