Michelle Kubat und Franziska Schulz finden jederzeit Hilfe und fachliche Unterstützung bei Sven Schäfer und seinem 22-köpfigen Team.

Eine Kinderkrippe im Haus

Einladend sind die offene Küche und das große gemeinschaftliche Wohn- und Esszimmer.

Eine Erfolgsgeschichte, die mit der Erföffnung vor zwei Jahren begann. (Archivfoto evim)

Ein Zuhause, das Schutz und Hilfe bietet - Zwei Jahre „Eltern-Kind-Haus“ in Appenheim

„Du bekommst hier jederzeit Hilfe“, sagt Michelle Kubat. Das schätzt die junge Mutter, die schon anfängt, Pläne für ihre Selbstständigkeit zu schmieden. Sie war eine der Ersten, die ins Eltern-Kind-Haus in Appenheim in Rheinhessen gezogen ist. Es wurde vor zwei Jahren von der EVIM Jugendhilfe eröffnet. Und es ist eine Erfolgsgeschichte, sagt Teamleiter Sven Schäfer.

„Lauter kleine Puzzles zusammensetzen“ – so empfindet er seine Arbeit mit den jungen Eltern, meist Mütter, die im Haus Aufnahme finden. Ziel ist immer die anschließende Selbstständigkeit, aber das erreicht jede auf ihrem eigenen Weg. Unterschiedliche Aufenthaltszeiträume, unterschiedliche Lebensgestaltung, Hilfe bei der Suche nach Ausbildung und Arbeit, Betreuung der Kinder, Beratung bei Erziehungs- und Gesundheitsfragen: All das bietet das multiprofessionelle Team im Haus, das, wie Sven Schäfer schildert, kaum unter Fluktuation zu leiden hat: „Nahezu alle, die damals hier angefangen haben, sind auch noch da.“

Ohne Netzwerk ist es schwierig

Große Flexibilität ist von allen gefordert, denn jede Klientin, die über die Jugendämter im Rhein-Main-Gebiet hier ankommt, bringt ihre eigene Lebensgeschichte mit. Aus den verschiedensten Gründen gibt es bei allen Schwierigkeiten, eine Familie „zum Laufen zu bringen“. Das braucht Hilfe – und die gibt es im Eltern-Kind-Haus. „Ohne ein Netzwerk ist es schwierig“, weiß Sven Schäfer. Daher wird auch je nach Möglichkeit versucht, Partner und Eltern der jungen Frauen mit einzubeziehen. Viele Kinder besuchen die örtliche Kita, mit der eine gute Zusammenarbeit besteht, berichtet Schäfer. „Auch der ganze Ort engagiert sich für uns, so hat zum Beispiel ein örtlicher Handwerksbetrieb mal eben seine Azubis vorbeigeschickt, als schnell ein Zimmer renoviert werden musste.“ Das Ambiente in dem großzügigen Haus ist sehr wohltuend. Nicht nur der weite Blick auf den kleinen Ort und die Weinberge sind wunderschön, sondern auch die großzügigen Räume, die schönen Möbel und der reichliche Platz zum Spielen für die Kinder – das sieht man schon am großen „Bobbycar-Parkplatz“ vor dem Haus. Wenn es notwendig ist, werden die Kleinen vor Ort betreut, wenn die Mütter zur Arbeit gehen.

Multiprofessionelles Team

Das multiprofessionelle 22-köpfige Team aus sozialpädagogischen Fachkräften, Hebammen – denn auch Schwangere werden aufgenommen – Familientherapeut, Hauswirtschafterin und anderen nimmt sich jedes Problems an und hilft in unterschiedlichen Lebenslagen. Derzeit leben neun elterliche Bezugspersonen und zehn Kinder im Haus. Eine Warteliste existiert, der Bedarf wird nicht kleiner. Bei manchen lebt auch der Partner ganz oder teilweise mit im Haushalt, bei Franziska Schulz zum Beispiel kommt er an jedem Wochenende. Auch die 31-Jährige ist zufrieden und erleichtert darüber, dass sie und ihre Tochter hier aufgenommen wurden. „Ich kann alle Fragen stellen, die ich habe“, sagt Franziska, die nach einer Krise hier zur Ruhe kommen konnte. „Man hat auch mal Zeit für sich, kann Kraft nachtanken, die verloren gegangen war.“ Dass hinter allen Verhaltensweisen tiefgreifendere Probleme stecken, weiß Sven Schäfer. „Die versuchen wir zu knacken, damit das selbstständige Leben eines Tages erfolgreich aufgenommen werden kann.“

Baustein der EVIM Jugendhilfe

In der großen Palette der EVIM Jugendhilfe ist das Haus in Appenheim ein wichtiger Baustein, so Olav Muhl, stellvertretender Fachbereichsleiter. Er freut sich, dass in den zwei Jahren des Bestehens über ein Dutzend „Maßnahmen abgeschlossen werden konnten“. Was so bürokratisch klingt, bedeutet aber im Klartext: Über ein Dutzend erfolgreich gemeisterte persönliche Schicksale. Und auch nach dem stationären Aufenthalt wird der Kontakt weiter gepflegt, „die ehemaligen Bewohnerinnen können sich immer bei uns melden und tun das in vielen Fällen auch gerne“, berichtet Sven Schäfer. Dass man hier Freundschaften schließen kann, bestätigen Franziska Schulz und Michelle Kubat. „Wir geben uns gegenseitig Rat. Das klappt sehr gut und gibt auch noch mal mehr Sicherheit. Und Spaß mit den Kindern haben wir auch.“ (abp)