Und auf die Frage, woher sie die Energie nimmt, mit 47 Jahren und neben einem Vollzeitjob ein Studium anzufangen und schon zu planen, welche weiteren Fortbildungen sie dann noch machen möchte, antwortet sie: „Meine Arbeit gibt mir die Energie.“ Beneidenswert – und mit EVIM als Arbeitgeber hat sie die besten Voraussetzungen, ihre Pläne zu verwirklichen.
Maryna Artemenko kam im Jahr 2002 mit ihrem Mann aus der Ukraine nach Deutschland. Dort war sie als Lehrerin für Russisch und Englisch tätig. Ihr Studium wurde hier nur zum Teil anerkannt und sie hätte hier noch einige Semester wiederholen müssen. Das wollte sie nicht und orientierte sich zunächst komplett um: Sie absolvierte nach dem mehrmonatigen Deutschkurs, gefördert von der Otto-Benecke-Stiftung, die sich um Integration kümmert, eine Ausbildung als Erzieherin, die sie mit ihren Vorkenntnissen etwas verkürzen konnte. Die Ausbildung machte ihr viel Spaß und sie konnte ihre Kenntnisse aus dem Studium hier gut nutzen, erzählt sie: „Wir hatten in der Ukraine neben den Unterrichtsfächern auch eine Menge Pädagogik und Psychologie.“ Bevor sie das noch fällige Anerkennungsjahr absolvieren konnte, bekam sie ihren Sohn, aber nach zwei Jahren nahm sie es erneut in Angriff – und ihr Kind gleich mit in die Kita.
Die „Chemie“ stimmte
Sie wechselte dann in eine Kita mit anderem pädagogischem Konzept, dort arbeitete sie fast zehn Jahre. „Ich fühlte mich aber trotz vieler Fortbildungen etwas unterfordert“, berichtet die zielstrebige Maryna Artemenko. Den geregelten Alltag wusste sie zwar zu schätzen, „aber ich schaute mich um.“ 2017 war dann endgültig „Zeit für Veränderung“. Durch Zufall sah sie eine Anzeige von EVIM, die in Bad Homburg in der Jugendhilfe eine Mitarbeiterin suchten. Sowohl EVIM als auch das Thema Jugendhilfe waren ihr völlig neu, doch Maryna Artemenko freut sich immer über Herausforderungen. „Es hat mich sofort gereizt, mit den Jugendlichen zu arbeiten.“ Außerdem habe gleich die „Chemie“ mit den Kolleg:innen gestimmt. Nach kurzer Hospitation war für sie klar: Hier möchte ich arbeiten. Zwar existierte die Wohngruppe, für die sie sich beworben hatte, kurzfristig nicht mehr, aber genau dies reizte sie erst recht: Dass nämlich ein neues Konzept notwendig war, das sie gemeinsam mit der Teamleiterin entwickeln konnte.
Beruflich weiterkommen
„Ich war auch sehr angetan von den internen Fortbildungsmöglichkeiten, die EVIM allen neuen Mitarbeiter:innen anbietet.“ Generell stellte sie fest: „Das war die Arbeit, auf die ich gewartet hatte“. In dem Wohnheim für Jugendliche in Bad Homburg leben unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Es gibt dort eine vollstationäre Gruppe und eine „Verselbstständigungsgruppe“, für letztere ist Maryna Artemenko zuständig. Die Jugendlichen, berichtet sie, sorgen hier für sich selbst, kochen und kaufen ein, werden auf ein selbstständiges Leben vorbereitet. Sechs Plätze gibt es hier, dazu gibt es auch noch einige in einer Nachbetreuung, die bereits in eigene Wohnungen ausgezogen sind.
Maryna Artemenko arbeitet zwischen 13 und 20 Uhr in einer Vollzeitstelle, hat darüber hinaus auch Rufbereitschaft. Seit zwei Jahren leitet sie ein Team von drei Kolleginnen. Sie findet die Arbeit sehr abwechslungsreich. „Wir helfen beim Finden von Ausbildungsplätzen und bei der beruflichen Orientierung. Dabei arbeiten wir mit vielen Partnern wie zum Beispiel der Agentur für Arbeit zusammen.“ Oft gelte es auch, Behördengänge – in vielen Fällen zum Thema Asyl, Duldung und Aufenthaltserlaubnis – zu begleiten. Aber auch Hausaufgabenhilfe steht auf dem Programm. „Es ist eine enge Beziehungsarbeit. Die Jugendlichen haben großes Vertrauen zu uns. Die Beziehungen sind sehr persönlich.“
Ideale Verbindung von Theorie und Praxis
Dass sie viele über Jahre hinweg in ihrer Entwicklung begleiten kann, ist immer wieder ein Erfolgserlebnis für Maryna Artemenko. „Wir arbeiten sehr bedarfsorientiert, sehr flexibel und individuell.“ Und weil ihr diese Herausforderung immer noch nicht ausreicht, studiert sie seit 2018 berufsbegleitend Soziale Arbeit. „Das unterstützt EVIM sehr, dafür bin ich dankbar.“ So habe sie eine ideale Verbindung von Theorie und Praxis. Und später plant sie noch eine Weiterbildung zum Thema Suchtproblematik. „Die Arbeit gibt mir so viel. Ich ziehe da unglaublich viel raus.“
von Anja Baumgart-Pietsch (Juni 2021)
Foto: privat