Flexibel, sinnvoll, vertraut

Malena Coloma liebt ihren Job, der täglich Neues mit sich bringt

„Wenn ich morgens ins Büro komme, weiß ich nie, was passiert“, sagt Malena Coloma. Natürlich gibt es Termine, aber wenn man, wie hier, mit und für Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung arbeitet, kann sich immer etwas spontan ereignen. Diese Flexibilität ist aber gerade der große Pluspunkt ihres Jobs, sagt die 46-jährige Sozialpädagogin. „Langeweile gibt es nicht.“ Und ein weiterer Pluspunkt ist das tolle Team, das gerade auch in Corona-Zeiten mit ihren besonderen Herausforderungen gemeinsam alles schnell und effizient gestemmt hat.

Malena Coloma ist zuständig für den Sozialdienst in der Reha-Werkstatt der EVIM Gemeinnützige Behindertenhilfe GmbH. In der Straße Im Rad befindet sich der Haupt-Standort, weitere Werkstätten gibt es in Idstein, Hattersheim und Oestrich-Winkel. Die Sozialpädagogin teilt sich ihre Arbeitszeit zwischen Wiesbaden und dem Rheingau auf. Ihre Aufgaben sind an beiden Standorten gleich: Sie kümmert sich um alles, was mit der Organisation der Arbeitsplätze zu tun hat. Zielgruppe sind Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen: Depressionen, Suchtproblematik, Schizophrenie, Psychosen – alle Arten von Diagnosen, die für den Augenblick die Arbeit auf dem „ersten Arbeitsmarkt“ verhindern. Das bedeute nicht, dass die Menschen den Weg zurück nicht mehr finden, sagt Malena Coloma. Das ist oft möglich und dazu wird in den Reha-Werkstätten auch Hilfe geleistet. Aber auch langfristige Beschäftigungsverhältnisse in den Werkstätten sind üblich. Dabei bekommt jeder und jede, der oder die sich hier bewirbt, etwas Passendes vorgeschlagen. Die Tätigkeiten sind breit gefächert: Druckerei, Wäscherei, Gastronomie, Hauswirtschaft, Verpackung, Lagerlogistik, Montagen, das sind nur einige Beispiele für Arbeitsplätze, die in den Werkstätten angeboten werden.

Nach dem sehr ausführlichen Erstkontaktgespräch, von denen Malena Coloma und ihr Team „bestimmt zehn pro Woche“ führen, wird meist ein mehrtägiges Praktikum absolviert. „Dann können wir sehen, ob es passt“ – denn das ist wichtig für Menschen mit besonderen Bedürfnissen am Arbeitsplatz. Gefördert werden soll hier ja nicht nur die Teilhabe am Arbeitsleben, sondern auch die soziale Teilhabe – persönliche Entwicklung, Kontakte, Selbstvertrauen und Fähigkeiten sollen gestärkt werden. Deswegen bietet die Werkstatt auch nicht nur Arbeit an, sondern auch ein großes Weiterbildungs- und Freizeitangebot. „Computer- und Fremdsprachenkurse, den Gabelstaplerführerschein, aber auch viele Theater- , Kreativ- und Sportangebote gibt es bei uns“, berichtet Malena Coloma. Analog zu einem Betriebsrat können sich die Mitarbeiter hier in einem Werkstattrat für die Mitbestimmung engagieren.

Voraussetzung für die Einstellung ist die Kostenübernahme durch einen Kostenträger wie die Arbeitsagentur oder die Rentenversicherung, nach einer bestimmten Zeit dann durch den Landeswohlfahrtsverband. Dann, sagt Malena Coloma, steht einer kurzfristigen Einstellung nichts im Wege: „Wartezeiten haben wir nicht. Wir können schnell vieles möglich machen.“ Das Angebot der Reha-Werkstatt wird gerne genutzt, viele Unternehmen lassen ihre Arbeiten hier erledigen.  In den Werkstätten selbst sei sie eher weniger unterwegs, berichtet Malena Coloma. Eher findet man sie im eigenen Büro – „meine Tür steht immer offen, extra Sprechstunden haben wir nicht, sondern kümmern uns direkt um alles.“ Dazu gehört auch der Kontakt mit anderen, die für die Klienten sorgen: Betreuer, Ärzte, Familienangehörige, Behörden. Die Lebenssituation wird ganzheitlich und sehr individuell in den Blick genommen. Das bedeutet natürlich auch, dass man enge Einblicke ins Leben der Menschen erhält. Manches, sagt die Sozialpädagogin, nehme man da auch „mit nach Hause“. Sich abgrenzen zu können gehört in diesem Beruf dazu. Professionelle Supervision hilft beim Verarbeiten. Doch insgesamt, meint Malena Coloma, sei es ein „wunderbarer Beruf“. „Genau, was ich mir vorgestellt hatte.“ Zunächst hatte sie nämlich ein Übersetzerstudium für Italienisch und Spanisch begonnen. „Aber dann die ganze Zeit nur am Schreibtisch Texte übersetzen, das konnte ich mir doch nicht vorstellen“, sagt die Mutter dreier Kinder. „Ich wollte Menschen um mich haben.“ So wechselte sie zur Sozialpädagogik und fand, was sie suchte - zunächst in einem Kinderheim, seit 15 Jahren nun in den Reha-Werkstätten von EVIM.
von Anja Baumgart-Pietsch