EVIM forderte in einem breiten Bündnis, die Heilerziehungspflege zu stärken

Auf Spruchbändern und Plakaten machten die Teilnehmenden ihre Forderungen deutlich

Fachkräfte, Lehrkräfte, Werkstatträte und Klienten sprachen Klartext aus Sicht der Praxis

Gemeinsam mit starker Stimme: Hessen braucht HEPs!

Eine laute und bunte Protestaktion zu einem ernsten Thema: Für mehr Anerkennung im Beruf der Heilerziehungspflege und bessere Bezahlung vor dem Hintergrund eines eklatanten Fachkräftemangels demonstrierten heute rund 300 Fachkräfte, Heilerziehungspflege-Azubis, Menschen mit Beeinträchtigungen und deren Angehörige vor der Staatskanzlei in Wiesbaden.

Aufgerufen zu der Protestaktion hatte ein breites Bündes von Verbänden, Organisationen - darunter EVIM -, von Fachschulen, Einrichtungen und Interessenvertretungen.

Die Zahl der Schüler:innen in den Fachschulen für Heilerziehungspflege sinkt bundesweit stetig. Eine Statistik des Bundesinstituts für Berufliche Bildung (BIPP) hatte für das Schuljahr 2018/19 bundesweit ca. 19.000 Schüler:innen ermittelt. In Hessen waren von diesen 871 Schüler:innen in Ausbildung, rund 70 Prozent davon weiblich. Die HEP-Ausbildung ist landesrechtlich geregelt und zwischen den Bundesländern gibt es große Unterschiede.

In Hessen wird die Situation immer prekärer, da hier die Zugangsvoraussetzungen für eine Ausbildung im Bundesvergleich sehr hoch sind und gleichzeitig die Dauer der Ausbildung sehr lange ist. In Hessen wie auch bundesweit ist ein mittlerer Bildungsabschluss Voraussetzung, um in die dreijährige HEP-Ausbildung einzusteigen. Im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern verlangt Hessen für Personen mit mittlerem Bildungsabschluss vor der Ausbildung 3 Jahre berufliche Vorerfahrungen oder eine Sozialassistenzausbildung (2 Jahre). Sechs Jahre Wegstrecke sind für viele junge Menschen viel zu lange, zumal in diesen sechs Jahren kaum ein nennenswerter Verdienst möglich ist! In anderen Bundesländern gelingt der Berufseinstieg deutlich schneller.

HEPs verdienen im Durchschnitt in Hessen als Einstiegsgehalt Brutto Vollzeit ca. 3.100,- €. Das ist zu wenig, um in Ballungszentren bezahlbaren Wohnraum zu finden und für sich und eine mögliche Familie eine Existenz aufzubauen.

Auszubildende und Fachkräfte, Menschen mit Behinderungen und Lehrkräfte sprachen auf der Kundgebung Klartext wie Melanie Ruppert. Sie hatte 2022 ihre Ausbildung abgeschlossen und ist hochmotiviert in den Beruf gestartet. Dort wurde sie wie ihre Kolleginnen und Kollegen mit einem massiven Personalmangel konfrontiert. Als Berufsanfängerin ist sie in dieser Situation oft auf sich allein gestellt. Hinzu kommt die geringe Vergütung, die demotivierend ist. „Wir lieben unseren Beruf. Aber die Politik muss endlich etwas tun, damit wir mehr Zeit haben für das, was wir gelernt haben und anwenden wollen.“ Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf der Kundgebung forderten daher lautstark mehr öffentliche Anerkennung und Respekt für die Heilerziehungspflege und insgesamt für die Arbeit für und mit Menschen mit Behinderung sowie eine bessere Bezahlung. Angesichts des massiven Fachkräftemangels und der schwierigen Rahmenbedingung besonders in der Heilerziehungspflege könne es sich niemand leisten, Fachkräfte zu verlieren. Daher fordert das Bündnis nachdrücklich, auch Hauptschulabsolvent:innen den Zugang in das Arbeitsfeld der Behindertenhilfe zu ermöglichen. Zudem solle der Quereinstieg in die HEP-Ausbildung verbessert werden. (hk)