Dank, Anerkennung und ein reger Gesprächsaustausch standen im Mittelpunkt des Besuches.

Gesprächsrunde mit Pflegenden quer durch alle Berufsgruppen in der Flersheim-Stiftung in Bad Homburg.

Diakonie, EVIM Vorstand, Geschäftsführung und Leitungskräfte der Einrichtung im Gespräch (v.l.n.r.): Markus Stolz, Cornelia Franke, Jörg Wiegand, Joachim Sylla, Carsten Tag und Ilka Müller.

„Ihre Arbeit ist wertvoll und unverzichtbar.“

Hessens Landtagspräsidentin besucht zum Internationalen Tag der Pflege das EVIM Seniorenzentrum Flersheim-Stiftung in Bad Homburg vor der Höhe

Rund eine Stunde dauerte der Austausch mit den Pflegenden im Beisein von EVIM Geschäftsführung und Vorstand, die quer durch alle Berufsgruppen über ihren täglichen Dienst unter schwierigen Rahmenbedingungen und großen Herausforderungen „Klartext“ sprachen. Dabei stellten sie heraus, dass sie „ihren Beruf lieben“, aber Rahmenbedingungen brauchen, die ihnen genau das ermöglichen. „Eine bessere Personalausstattung, Regulierung der Leasingfirmen, Stärkung des Berufsbildes, Förderung der Ausbildung und Vereinheitlichung der Ausbildung von Pflegeassistenzberufen“, brachte Ilka Müller, Prokuristin der EVIM Altenhilfe die Forderungen auf den Punkt. Wie dramatisch die Situation in der Pflege ist, steht tagtäglich in den Medien und ist Kernthema in allen republikweiten Kampagnen: Es ist „Fünf nach Zwölf“ warnt die Diakonie und fordert eine umfangreiche Finanz- und Strukturreform. „Menschen mit Unterstützungs- und Pflegebedarf und Hilfesuchende können nicht mehr ausreichend versorgt werden. Grund dafür ist auch, dass nicht mehr genügend Personal zur Verfügung steht. In manchen Einrichtungen müssen ganze Wohnbereiche schließen oder Versorgungsgebiete von ambulanten Diensten verkleinert werden“, sagt Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen in der Gesprächsrunde in Bad Homburg. Genau das erleben die Pflegenden vor Ort: Ein Wohnbereich musste geschlossen werden, den EVIM nun für ukrainische Geflüchtete zur Verfügung gestellt hat. Dauerdienste, um erhöhte Krankheitsausfälle zu überbrücken und Leasingpersonal im Einsatz bestimmten den Arbeitsalltag. An letzterem Beispiel zeigt sich besonders deutlich, dass es so in der Pflege nicht mehr weitergehen kann. „Der Einsatz von Leiharbeitenden sei anfänglich eine gute Möglichkeit gewesen, um Ausfallspitzen abzufangen“, berichtet Markus Stolz, Pflegedienstleiter. Inzwischen habe sich dieses Modell ins Gegenteil verkehrt. „Leiharbeitnehmer:innen sind in vielerlei Hinsicht besser gestellt als unsere eigenen Mitarbeitenden“, so Stolz. Dadurch komme es zu der paradoxen Situation, dass die Leasingkräfte sehr gerne bei uns arbeiten und auch weiter ‚gebucht‘ werden wollen, allerdings nicht bereit sind, in eine Festeinstellung zu wechseln.“ Hinzu kommt, dass die Träger auf den Kosten sitzen bleiben, da diese nicht refinanziert werden. Für die EVIM Altenhilfe bedeutet dies in 2022 Kosten in Höhe von 3,6 Millionen Euro, berichtet Ilka Müller.

Die Forderung nach einer deutlich besseren Personalausstattung stand in allen Statements der Pflegenden an erster Stelle. „Wir brauchen mehr Personal, um nicht mit dem Gefühl nach Hause gehen zu müssen, nicht alles geschafft haben zu können“, sagt Martina Frenzel, Hilfskraft in der Pflege und Mitarbeitervertreterin in der Einrichtung. Nachdrücklich ergänzt Ilka Müller, die selbst examinierte Altenpflegerin ist: „Wir haben es anders gelernt, und wir wollen es ganz genau so machen.“

In diesem Zusammenhang kritisierte Jörg Wiegand, EVIM Kaufmännischer Vorstand, die aktuelle Kampagne zum Tag der Pflege auf Bundesebene. Unter der richtigen Botschaft – Die Zukunft braucht Pflege – stünden die Forderungen in genau der falschen Reihenfolge: Gewinnen. Stärken. Entlasten. „Zuerst müssen die Pflegenden entlastet werden, um sie zu stärken und Menschen für die Pflege wieder zu gewinnen“, so Wiegand und erntet dafür große Zustimmung aus der Praxis.

Die Situation verschärft sich aber auch für die Pflegebedürftigen und Angehörigen, die kaum noch freie Plätze in Pflegeeinrichtungen fänden. „Wir haben eine lange Warteliste und müssen Anfragen ablehnen“, bedauert Cornelia Franke, Einrichtungsleiterin. Die hohe Erwartungshaltung von allen Anspruchsgruppen sei ein täglicher Spagat und eine hohe emotionale Belastung on Top, die das Personal zusätzlich zu stemmen habe.

Astrid Wallmann zeigte sich sehr beeindruckt von den Schilderungen aus dem Pflegealltag, insbesondere auf dem Wohnbereich für Menschen mit dementiellen Erkrankungen und einem besonderen Pflege- und Betreuungsbedarf auf Grund von speziellen Verhaltensmerkmalen, ein einzigartiges Angebot in der Region. Die Einladung von Noranita Algawas-Fresener, Pflegefachkraft und Wohnbereichsleiterin, dem Wohnbereich einen Besuch abzustatten und die Arbeit unter den schwierigen Rahmenbedingungen vor Ort kennenzulernen, nahm sie gerne an. „Sie leisten tagtäglich Bemerkenswertes, indem Sie den pflegebedürftigen Menschen zur Seite stehen und ihnen ein so weit wie möglich selbstbestimmtes Dasein ermöglichen. Sie sorgen dafür, dass ältere Menschen auch bei körperlichen oder geistigen Einschränkungen in Würde, Sicherheit und Geborgenheit leben können. Ihre Arbeit ist wertvoll und unverzichtbar“, sagte die Landtagspräsidentin. Als Zeichen der Wertschätzung überreichte sie 500 Euro aus Lottomitteln der Landtagskanzlei. (hk)

EVIM Seniorenzentrum Flersheim-Stiftung

Das EVIM Seniorenzentrum Flersheim-Stiftung ist Teil der EVIM Gemeinnützige Altenhilfe GmbH – einer Tochtergesellschaft von EVIM – Evangelischer Verein für Innere Mission in Nassau. 52 Pflegekräfte kümmern sich um die rund 100 Bewohnerinnen und Bewohner im Alter von 54 bis 98 Jahren. Das Seniorenzentrum Flersheim-Stiftung bietet nicht nur Plätze in der stationären Langzeitpflege an, sondern auch Plätze für Menschen mit dementiellen Erkrankungen und einem besonderen Pflege- und Betreuungsbedarf auf Grund von speziellen Verhaltensmerkmalen.