Katharinenstift-Bewohnerin Marianne Maurer hält über einen Tablet-Computer Kontakt zu ihren Angehörigen. Unterstützt wird sie dabei von ihrer Betreuerin Rika Hasunuma. (Foto EVIM)

"Man muss in jeder Hinsicht 'jonglieren'"

Der Alltag im Katharinenstift ist – wie überall – in diesen Tagen ein ganz anderer geworden. Über das, was sich verändert hat, berichtet der Einrichtungsleiter Bastian Ringel.

In der Senioreneinrichtung von EVIM am Schlosspark in Wiesbaden ist es still auf den Gängen. Ehrenamtliche, Angehörige, die Kinder aus der benachbarten Kita „Die Rübe“, Besucher des „Cafés am Schlosspark“ – alle zurzeit nicht da, denn wegen der Corona-Pandemie ist seit dem 27. März ein absolutes Besuchsverbot ausgesprochen worden.

Das ging, so berichtet Einrichtungsleiter Bastian Ringel, in drei Phasen: Seit 11. März gab es eine erste  Einschränkung, seit dem 16. März dann die Beschränkung auf eine Stunde Besuchszeit am Tag, seit 27. März ist die Einrichtung völlig für Besuche von außen geschlossen. Psychologisch sei das eine „brutale Situation“, weiß der Einrichtungsleiter, denn der Grund des Entzuges von Nähe und Berührung sei gerade den vielen demenzkranken Bewohnerinnen und Bewohnern nur schwer zu vermitteln. Das Personal mache nicht nur zeitlich, sondern auch im übertragenen Sinne „Sonderschichten“, um den betagten Menschen im Katharinenstift immer noch eine größtmögliche Normalität zu vermitteln.

Jene, die noch in der Lage sind, das Haus selbstständig zu verlassen, hätten Verständnis dafür, dass sie das jetzt nicht machen sollten – „verbieten kann man es nicht, aber wir setzen auf die Einsicht“, betont Ringel. Das klappe auch, wie auch insgesamt eine relativ „bodenständige, gefasste Auffassung“ zur Krise vorherrsche. Die Bewohner schauen natürlich Nachrichten und wissen um den Ernst der Lage. „Aber sie sind bis jetzt recht besonnen“, freut sich Ringel. Der Einrichtungsleiter muss nun aber in jeder Hinsicht „jonglieren“, denn die Lage ändere sich von Tag zu Tag, sagt er. Es gebe Richtlinien von den Behörden und vom Träger, an denen man sich orientieren könne, aber vieles muss auch nach den Gegebenheiten vor Ort entschieden werden.

Das Katharinenstift ist ein vergleichsweise großes Haus mit rund 150 Plätzen. Demenzerkrankungen sind bei vielen Bewohnern in unterschiedlicher Ausprägung vorhanden, das Haus ist spezialisiert darauf. Alle Spezialangebote müssen indes gerade wegfallen – „wir versuchen nun, das Ganze in Kleingruppen unter Abstandswahrung hinzubekommen, zum Beispiel wird für Ostern gebastelt“, berichtet Ringel. Die Kinder der „Rübe“ senden kleine Geschenke, die sie zu Hause für „ihre“ Senioren gebastelt haben – auch die Kita ist ja geschlossen, sagt Ringel, dessen eigene Tochter die Einrichtung besucht. „Die Bewohner würden sich sehr über kleine Grüße oder Geschenke freuen, Zeitschriften, Schokolade oder ein gemaltes Bild“, meint der Leiter des Katharinenstifts.

Wer von den Bewohnern in der Lage ist, kann mit seinen Angehörigen telefonieren, und das sogar per Videochat: Das Katharinenstift hat eigens ein Tablet angeschafft, über das per WhatsApp mit den Angehörigen kommuniziert werden kann. Dafür ist ein Stundenplan aufgestellt worden. „Das wird sehr gut angenommen“, sagt Ringel. Für Bewohner, die dadurch nicht zu stark verunsichert werden – „wir kennen ja unsere Leute sehr gut“ – können auch „Fensterbesuche“ arrangiert werden. Das bedeutet, die Angehörigen können von draußen in angemessenem Abstand mit den Bewohnern reden und winken. Nur Anfassen geht nicht.

Die Stimmung sei – zum Zeitpunkt unseres Gespräches am 2. April – noch recht gefasst bei allen, berichtet der Einrichtungsleiter. „Es könnte halt auch die Ruhe vor dem Sturm sein.“ Mit Materialien wie Schutzmasken und Desinfektionsmittel sei man derzeit noch – dank kluger Bevorratung – gut ausgerüstet. „Dennoch warten auch wir natürlich auf Nachschub“, sagt Ringel. Aber sobald eine Infektion oder ein Verdacht bei Bewohnern oder Mitarbeitern auftrete, stelle sich die Herausforderung noch ganz anders dar. Pläne gebe es für jeden erdenklichen Fall, aber wenn er eintritt, müsse man immer in der Lage sein, flexibel zu reagieren. „Und gerade wir von der Leitung müssen Stabilität vermitteln, ein Fels in der Brandung sein“, weiß der Chef um die Wichtigkeit des Zuhörens, der Ansprache für die Bewohner, aber auch für die Belegschaft. „Es ist alles anders als sonst. Eine riesige Herausforderung.“ (das Gespräch führte Anja Baumgart-Pietsch)

Wer etwas abgeben möchte, sollte sich zunächst unter Tel. 0611-6937-115 melden.