Große Resonanz beim Talk Open Air mit Sozialministerin Heike Hofmann

Jonas Heidrich (links) ist ein Beispiel, wie gut berufliche Inklusion gelingen kann.

Begleitende Aktivitäten zeigten die Vielfalt in der Teilhabe

Ein EVIM MitMenschenfoto mit der Sozialministerin

TALK OPEN AIR: „Inklusion braucht Struktur – und den politischen Willen“

Beim EVIM-Jubiläum diskutieren Politik und Praxis über echte Teilhabe und den Weg zu einem inklusiven Arbeitsmarkt

„Eine inklusive Gesellschaft ist eine bessere Gesellschaft.“ Das meint die Hessische Sozialministerin Heike Hofmann und stößt damit auf große Zustimmung. Sie ist Gast bei einer der Talkrunden auf dem Marktplatz, die anlässlich des 175-jährigen Jubiläums stattfinden. Eingeladen sind Gäste aus der Politik, aber auch Mitarbeitende von EVIM. Unter der Moderation von Micha Spannaus tauscht man sich zu aktuellen Themen der vier Bereiche von EVIM aus, um auch der Öffentlichkeit einen Eindruck der aktuellen Herausforderungen zu geben.

Im Falle der Sparte Teilhabe ging es um den „Weg zum inklusiven Arbeitsmarkt“. In Werkstätten sind bei EVIM viele Menschen mit Beeinträchtigungen tätig. Einige von ihnen wollen und können aber mehr und werden dann auf dem Weg in den ersten Arbeitsmarkt unterstützt. Manche beginnen mit einer betriebsintegrierten Beschäftigung, und von ihnen finden dann einige den Weg in ein reguläres Arbeitsverhältnis oder in eine Ausbildung. So wie Jonas Heidrich, dessen Geschichte auch im EVIM-Jubiläumsband erzählt wird. Mit seinem Fachanleiter Ralf Thies verbindet ihn nicht nur der Sport, das Marathon-Training, sondern auch die Unterstützung, die Thies ihm bei seinem Weg zur Stelle im Kreishaus Hofheim gegeben hat. Dort arbeitet Heidrich seit acht Jahren. Es gefällt ihm sehr. Ralf Thies hat ihn ermutigt und unterstützt. Und auch die Kolleg:innen vor Ort, denn ihnen ist es ein Anliegen, ein inklusiver Betrieb zu sein. Deswegen haben sie bestimmte Maßnahmen ergriffen, damit sich der junge Mann in den langen Gängen des großen Hauses gut zurechtfindet.

Gezielte Unterstützung und klare Gesetze

„Das Matching muss stimmen“, sagt auch Björn Betz, Geschäftsführer der EVIM Teilhabe. Deswegen wird jeder Versuch, in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen, absolut personenzentriert bearbeitet. Allein im Jahr 2025 sind acht Menschen aus den Werkstätten in externe Jobs gegangen. Nur einer hat es abgebrochen. Niemand wird überredet, wer es macht, muss es absolut selbst wollen. So wie Jonas Heidrich, der sich wertgeschätzt fühlt und stolz darauf ist, eigenes Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen. Die Politik unterstützt dabei, indem sie Rahmenbedingungen schafft. „Ein entsprechendes Bundesgesetz liegt in der Schublade“, weiß Heike Hofmann, „ich hoffe, es wird in absehbarer Zeit verabschiedet.“ Das Thema müsse dauerhaft auf die Agenda. Mit dem hessischen Programm HEPAS, „Hessisches Perspektivprogramm zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen schwerbehinderter Menschen“, das es bereits seit 2014 gibt, sei einiges getan, sagte auch Thomas Lange vom Hessischen Integrationsamt. Es sorge dafür, dass Arbeitgeber schnell und unbürokratisch finanzielle Hilfen erhalten, um Menschen mit Beeinträchtigung in ihre Belegschaft aufnehmen zu können.

Von diesem Programm hat auch das Kreishaus als Arbeitgeber von Jonas Heidrich profitiert. „Mehr Arbeitgeber müssten den Mut dazu haben“, findet Lange. EVIM hat sich mittlerweile ein großes Netzwerk aufgebaut, das eine große Nachfrage hat. „Wir können tatsächlich nicht auf jede Anfrage hin jemanden schicken, denn es muss wirklich alles zusammenpassen“, meint Ralf Thies. Es brauche Türöffner und gute Beispiele – davon gibt es tatsächlich bereits eine ganze Menge, auch wenn es manchmal dauert. „Jonas ist der Vierte, der es im Kreishaus probiert hat – da hat es dann gepasst“, berichtet Thies. Und auch Aufträge für die Produktion in den Werkstätten gibt es von Arbeitgeberseite reichlich.

Gerade in Zeiten des Fach- und Arbeitskräftemangels gilt es, „alle verfügbaren Potenziale auszuschöpfen“, findet die Ministerin. Sie will sich bemühen, die politischen Rahmenbedingungen zu verbessern – ohne Geld geht das natürlich nicht, aber was möglich ist, solle auch geschehen. Dazu gehört, so Björn Betz, aber auch noch mehr, wie beispielsweise die Verbesserung der Mobilität. Die meisten der Zielgruppe seien auf einen funktionierenden ÖPNV angewiesen, um ihre Arbeitsstellen erreichen zu können. Da hapere es oft – und Einzeltransporte werden nicht bezahlt. Das Ziel aller ist: „Jeder und jede soll seinen oder ihren Weg gehen können.“ (aja)