"We have a dream"

Für ihre neue Performance hatte sich die Theatergruppe „Zeitlos“ diesmal auf die Suche nach Vorbildern begeben. Menschen, die zu ihren Überzeugungen stehen und die sich durch Widerstände nicht aufhalten lassen. Entstanden sind daraus szenische Collagen unter dem Titel „We have a dream“, die Ende September in Wiesbaden aufgeführt wurden.

Neun theaterbegeisterte Menschen, die meisten bühnenerfahren, haben sich über Monate intensiv mit dem Leben der Geschwister Scholl und des amerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King vertraut gemacht. Sie haben gemeinsam Filme angeschaut und besprochen. Und sie haben ihre persönlichen Gedanken zu den Kernthemen Freiheit und Gerechtigkeit aufgeschrieben und versucht Antworten zu formulieren. Daraus entwickelte "Zeitlos" unter der bewährten Leitung von Katharina Weil und Desiree Schwarz  die überaus anspruchsvolle Performance.

So viel Spracheinsatz war noch nie in einer "Zeitlos"-Aufführung. Das forderte die Akteure auf ganz neue Weise heraus. Wie in jener Szene, in der alle Mitwirkenden in Bewegung sind und versuchen, miteinander in Kontakt zu kommen, um sich mit ihrem Satz Gehör zu verschaffen. Erst engagiert, dann allmählich langsamer werdend in der Enttäuschung, dass niemand ihnen zuhören will. „Fast alle Texte haben die Akteure selbst geschrieben“, sagt Tanztherapeutin Katharina Weil. Mit dabei sind auch Passagen aus der berühmten Rede von Martin Luther King oder aus Briefen von Sophie Scholl. Beeindruckt waren alle, wie diese berühmten Vorbilder für ihre Überzeugungen gekämpft haben, ungeachtet aller Gefahr für Leib und Leben. Diese Hoffnung und diesen Mut übertrugen sie in szenische Dialoge und versuchten darüber, in eigenen Texten Position zu beziehen. „Ist es gut sich aufzulehnen? - Manchmal muss man gegen den Strom schwimmen!“ Die Akteure der Gruppe "Zeitlos" machten das auf vielfache Weise deutlich. Annika Schostak überzeugte zum Beispiel als Sophie Scholl mit einem großartigen Monolog; Dominik Muckenschnabel, Matthias Damm und Ulrich Völke mit eigenen Texten. Sie wollten Mut machen mit ihrer Theaterarbeit, die auch Symbol dafür ist, sich persönlichen Herausforderungen zu stellen, Widerstände zu überwinden und daran zu wachsen. Wenn Wenzel Friebe den Satz „Ich will“ ins Publikum spricht, fordert das ihn ganz heraus. Mal stemmt er sich dabei mit den Händen auf den Armlehnen seines Rollstuhls ab, mal mit den Ellenbogen und ballt die Fäuste. Schließlich nimmt er beide Zeigefinger nach vorn und appelliert damit an die Zuschauer, sich von diesem Mut im besten Sinne des Wortes anstecken zu lassen.

Vorbildlich ist somit auch das Engagement der Gruppe "Zeitlos", sich erneut den drängenden Fragen der Zeit zu stellen. „Zeitlos ist die wohl einzige Theatergruppe von Menschen mit Beeinträchtigungen, die eine derart politische Theaterproduktion auf die Bühne gebracht hat“, würdigten zwei Zuschauer in ihrem Feedback. Der lang anhaltende Applaus und die stehenden Ovationen zeigten, dass sowohl die Leistung der Mitwirkenden als auch die Botschaften ihres Stückes begeistert aufgenommen wurden.

Foto (EVIM/M.Salbeck)