In Tagebucheinträgen berichtet Judith Piller-Hilmer, Einrichtungsleiterin der Kita im Seniorenzentrum, über die Erfahrungen und Erlebnisse während des Lockdown in der Pandemie:
Freitag, 13.03.2020
Es ist bereits gegen 19:00 Uhr, als die Nachricht über die Kitaschließung schriftlich bestätigt wird. Nun heißt es, alle Eltern noch per Mail zu informieren. Es ist kaum zu fassen, am Montag werden wir öffnen, aber ohne Kinder. Das Seniorenzentrum darf nicht mehr betreten werden.
Montag, 16.03.2020
Alle Kollegen kommen zur Arbeit. Die Stimmung ist gedrückt. Können wir uns noch unterhalten? Wieviel Abstand ist dabei nötig? Wir setzen uns alle an einen großen Tisch. Nun müssen Ideen her, was gibt es auch ohne Kinder zu erledigen? Schnell ist ein großes Plakat vollgeschrieben mit Ideen. Wir gestalten das Außengelände mit Farben, wir arbeiten an unserer Pädagogischen Konzeption und bilden uns in Pädagogischen Fragen weiter. Wir nähen Masken für das Seniorenzentrum und Basteln für die Senioren und vieles mehr.
Montag, 23.03.2020 (1 Woche später)
Wir haben wieder Kinder! Aber unser Eingang führte bisher durch das Seniorenzentrum und ist so nicht mehr möglich. Bis heute wird die Kita ausschließlich über einen kleinen Seitenweg und durch das Außengelände betreten. Eltern betreten die Kitaräume nicht mehr und müssen ihre Kinder nun am Gartentörchen abgeben. Zwei Kinder, deren Eltern im Systemrelevanten Bereich tätig sind, kommen am Morgen mutig in die Kita marschiert. „Sind wir wirklich die einzigen Kinder?“ Es ist viel Zeit zum Spielen, Basteln und Rollerfahren, die beiden bekommen unsere ganze Aufmerksamkeit.
April 2020
Ostern steht vor der Tür. Wir überraschen die Kinder mit einem Ostergruß vor ihrer Haustüre. Zwei Kolleginnen spielen den Osterhasen und fahren die Körbchen aus. Welche Freude bei den Kindern! Viele positive Rückmeldungen erreichen uns. Eine Mutter schickt ein Foto mit Smiley: Ups, da wurde das Wohnzimmerparkett mit den Kreideeiern aus dem Körbchen bunt verziert!
Mai 2020
Die Kita wird langsam belebter, immer mehr Berufsgruppen zählen zum systemrelevanten Bereich. Andere Kinder, die noch nicht kommen dürfen, gehen am Zaun entlang und winken. Wir haben die Fenster bemalt und die Steinplatten im Spielgarten mit Hüpfe - Kästchen angemalt. „Wir freuen uns auf Euch!“ wollen wir damit ausdrücken. Eine Mama reicht eine selbstgenähte Stoffgirlande über den Zaun: „Damit die Kita schön bunt und fröhlich aussieht!“
Juni 2020
Wir planen die eingeschränkte Öffnung. Das ist gar nicht so einfach. Kleingruppen sollen es sein, viel Abstand, Hygienevorschriften sind einzuhalten und vieles mehr. Wir erreichen unser Ziel allen Kindern wieder einen Besuch der Kita zu ermöglichen. Die Kinder werden aufgeteilt in vier Gruppen und kommen zu versetzten Zeiten. Es ist etwas ruhiger als sonst und wir haben viel Zeit für einzelne Kinder. Auch eine schöne Erfahrung. Wir haben in dieser Zeit viel gelernt. In der Teambesprechung halten wir alle positiven Erfahrungen fest. Was werden wir davon mitnehmen und weiterführen können?
August 2020
Leider können wir den Kontakt zu den Senioren noch nicht wieder persönlich herstellen. Das wird wohl noch lange dauern. Doch wir bleiben optimistisch und setzen um, was möglich ist. So wurden bereits Briefe ausgetauscht und mittwochs singen wir in unserem Garten, damit die Senioren uns von ihren Fenstern aus sehen und hören können. Die Eltern verabschieden ihre Kinder weiter am Gartentor. Unsere Kita ist zu klein, um den Abstand zwischen den Eltern zu gewährleisten. Wir haben uns schon an die vielen Veränderungen gewöhnt und es fühlt sich schon fast „normal“ an. Im Team überlegen wir, wie in diesem Jahr das Laternenfest sein wird. Zu schade, wenn es ganz ausfällt. Vielleicht ein Laternenspaziergang ohne Eltern? Ja, in diesem Jahr ist alles anders und wir werden kreativ bleiben müssen.
„Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen“ (Chinesisches Sprichwort) In diesem Sinne werden wir noch viele Windmühlen errichten!