Jenny Martin (re.) und Max Langsdorf (2.v.r.) probieren die alte Ebru-Technik aus. Artjom Chepovetskyy (li.), künstlerischer Leiter, begutachtet das Ergebnis.

Sandra Mamer (2.v.l.) unterstützt Christina Geiß.

Fatou Jassy arbeitet künstlerisch an der Wandbemalung am Wohnhaus Idsteiner Straße 34.

Bunt statt grau - alle sind stolz auf das Ergebnis!

Zusammen Kunst machen

Jenny Martin tupft spezielle Farbpigmente in eine wassergefüllte Schale und erzeugt damit wolkenartige Strukturen. Ganz behutsam legt sie dann ein Blatt Papier kurz auf die Wasseroberfläche. Dabei assistiert ihr Max Langsdorf. Das Ergebnis: ein wunderschön marmoriertes Papier. Dieses und noch vieles andere mehr entsteht beim inklusiven Kreativ-Projekttag in der EVIM Behindertenhilfe.

Das Künstler:innen-Kollektiv Mal_anders der EVIM Behindertenhilfe und Auszubildende der Fachrichtung Heilerziehungspflege an der Fachschule für Sozialwesen in Hochheim sind rund um das EVIM Mal-Atelier in der Johannes-Brahms-Straße in regem Austausch. Unter den Pavillons auf dem Gelände des Wohnverbundes wird gemalt, gebastelt und kreativ gekleckert. Ausprobiert werden neben der jahrhundertealten Ebru-Technik (Marmorieren) zum Beispiel auch der schwierige Linolschnitt und diverse Kleistertechniken. Damit dies den beeinträchtigten Künstler:innen, zu denen sich an diesem Tag weitere Klient:innen hinzugesellen, gelingt, assistieren ihnen die Auszubildenden. Für sie ist der gemeinsame Projekttag etwas ganz Besonderes. Max Langsdorf (29) findet das Kunstprojekt „sehr cool“. Er habe noch nicht so viel Vorerfahrung und nimmt daher ganz viel mit für seine Ausbildung, die er im nächsten Jahr abschließen wird. Seine Kommilitonin Sandra Mamer unterstützt derweil Christina Geiß bei einer speziellen Gips/Ton-Technik. Beide sind in regem Austausch und freuen sich über das tolle Ergebnis. Die 33jährige Auszubildende sagt begeistert, dass sie am liebsten hier arbeiten würde. „Aber erstmal die Ausbildung beenden“, fügt sie noch schmunzelnd hinzu. Das freut wiederum David Pfirrmann, Leiter des Wohnverbundes, der so engagierte künftige Fachkräfte natürlich gerne als neue Kolleginnen und Kollegen begrüßen würde. Sein Team und Artjom Chepovetskyy, seit sechs Jahren künstlerischer Leiter von Mal_anders und Dozent für Fachwerken und Gestalten an der Fachschule, haben diesen Projekttag gemeinsam angeregt und konzipiert. „Künstlerische Arbeit, pädagogische Anleitung und praktische Bildung sind dabei perfekt miteinander verknüpft“, sind beide überzeugt.

Die Freude über das gemeinsame kreative Schaffen ist überall zu spüren. Fatou Jassy, die wie Heidi Lose mit Werken auch in der Artothek in Wiesbaden vertreten ist, stellt ihre Collagen vor. Die in Westafrika geborene Künstlerin setzt sich in ihrem Schaffen seit vielen Jahren mit ihrer Herkunft auseinander. Ralf Ullrich, der mit seinen großformatigen abstrakten Gemälden auf Ausstellungen viel Resonanz erhält, wird am Nachmittag zusammen mit den Teilnehmenden Farbcollagen auf die Wand des Wohnhauses Idsteiner Straße übertragen. Denn der zweite Teil des Projekttages ist dem freien Arbeiten gewidmet. „Dort wird der Phantasie freien Lauf gelassen“, beschreibt Artjom Chepovetskyy den Auftrag, an dem sich ein weiterer Kurs der Fachschule beteiligen wird. Chepovetskyy, der studierter Künstler ist und in Frankfurt lebt, begeistert Mal_anders immer wieder neu und motiviert die Künstler:innen, ihren eigenen Ausdruck zu finden. Zweimal in der Woche begleitet er das Kollektiv im EVIM Mal-Atelier, das durch Spenden errichtet wurde. Derzeit kommen neben der Stammbesetzung von rund acht Künstler:innen auch etwa drei bis vier neue Leute mit dazu, berichtet er. Nach der Pandemie-Pause hoffen er und die beeinträchtigten Künstler:innen nun auf neue Möglichkeiten, die „tollen Werke“, die hier entstehen, wieder in Ausstellungen regional und überregional zeigen zu können.

Das Konzept der EVIM Behindertenhilfe, Normalität und Teilhabe auch in der Kunst zu ermöglichen, zeigt sich in diesem Projekt ganz besonders und wird damit dem Anliegen von Kunst gerecht: „Kunst gehört nicht in den Keller, sondern muss raus!“, wie Artjom Chepovetskyy es formuliert. (hk)