Michael Stolte und Christopher Eckhardt (re.) sind bei Dolfi 1920 festangestellt und lieben ihren Job!

Kerstin Zentner, Michael Stolte, Christopher Eckhardt und Ralf Thies zeigen beispielhaft, wie gut eine inklusive Arbeitswelt gelingen kann.

Endlich selbstständig leben - Über das „Budget für Arbeit“ in eine Vollzeitstelle

(evim) Trotz UN-Behindertenrechtskonvention und neuer Leistungen durch das Bundesteilhabegesetz wie das Budget für Arbeit bleibt der erste Arbeitsmarkt für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen weitgehend verschlossen. Dass dieser Personenkreis sehr motiviert und zuverlässig Leistungen erbringt, zeigen die immer noch viel zu wenigen Beispiele in der Praxis.

Dazu gehört Christopher Eckhardt (30), der seit Anfang Februar diesen Jahres beim Unternehmen Dolfi 1920 in Kelsterbach über das Budget für Arbeit fest angestellt ist. Die Firma, spezialisiert auf die Reparatur und den Ersatz von beschädigtem Fluggepäck, ist ein herausragendes Beispiel dafür, dass die berufliche Integration von Menschen mit Assistenzbedarf allen Beteiligten neue Perspektiven, deutliche Vorteile, mehr Sicherheit bringt und in der Praxis funktioniert. Von 60 Mitarbeitenden in dem renommierten Unternehmen sind acht Mitarbeiter mit Assistenzbedarf festangestellt, deutlich mehr als vom Gesetzgeber gefordert. Zudem sind weitere fünf Personen auf betriebsintegrierten Beschäftigungsplätzen (BiB) im Einsatz.

Für den 30jährigen Christopher Eckhardt erfüllte sich mit der Festanstellung über das Budget für Arbeit ein langgehegter Traum: „Ich wollte immer arbeiten vom Herzen her und selbstständig leben.“ Der Weg führte ihn seit 2011 über den Berufsbildungsbereich am Schlockerhof Hattersheim im EVIM Werkstättenverbund über betriebsintegrierte Beschäftigungsplätze 2016 zu Dolfi. Die Corona-Pandemie verzögerte die Festeinstellung, ermöglichte es ihm aber, neue Kompetenzen in dem sozial engagierten Unternehmen zu erwerben. So gehört zu seinem Aufgabenbereich neben der Reparatur und Rücksendung von Koffern jetzt auch der Online-Versand für Ersatzteile. Mit ihm im Team bei Dolfi ist Michael Stolte. Der geistig beeinträchtigte Mitarbeiter arbeitet bereits seit über zehn Jahren im Lager und scannt die beschädigten Koffer. Stolz berichtet er, dass er „mit dem Unternehmen gewachsen ist.“ Kerstin Zentner, Human Ressources and Administration, schätzt die Kollegen sehr. „Sie sind ganz wichtig für den reibungslosen Betrieb.“ Sie lobt die Zuverlässigkeit und die hohe Motivation, mit der sie jeden Tag Leistung bringen wie alle anderen Kolleginnen und Kollegen auch.

„Wir wollen gute Beispiele sichtbar machen“, sagt Ralf Thies, Bereichsleiter Berufliche Integration im EVIM Werkstättenverbund. Thies begleitete den jungen Mann in verschiedenen Qualifizierungsmaßnahmen und berät Unternehmen in allen Belangen der Einarbeitung und bei Unterstützungsleistungen. Der EVIM Werkstättenverbund hat hessenweit die höchsten Zahlen an Praktika, BiB-Plätzen und Vermittlungen in das Budget für Arbeit.

In der Beruflichen Integration habe Ralf Thies immer wieder erlebt, wie Menschen mit Beeinträchtigungen sich durch die Arbeit in Betrieben und Unternehmen entwickeln und selbstbewusster werden. „Viele bringen aus ihrer Biografie die Erfahrung mit, dass ihnen von anderen nichts zugetraut wird.“ Die Beispiele aus der Praxis aber beweisen das Gegenteil. „Ich verdiene jetzt ein Gehalt wie jeder Andere“, sagt Christopher Eckardt stolz, der den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt mit Unterstützung durch die erfahrenen EVIM Fachkräfte und beispielhafte Arbeitgeber wie Dolfi 1920 geschafft hat. (hk)

Budget für Arbeit

Ziel des Budgets für Arbeit ist es, Menschen mit Assistenzbedarf den Übergang aus der Behindertenwerkstatt in eine Festeinstellung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Im Unterschied zu ausgelagerten Arbeitsplätzen erhalten Menschen mit Behinderung, die im Rahmen eines Budgets für Arbeit tätig sind, einen klassischen Arbeitsvertrag, der entsprechende Arbeitnehmerrechte beinhaltet und eine vollständige betriebliche Integration in das Unternehmen ermöglicht. Trotz des Arbeitsvertrags und des Arbeitnehmerstatus bleiben die Budgetnehmer dauerhaft voll erwerbsgemindert und daher Rehabilitanden im Sinne der Eingliederungshilfe. Dies bedeutet, dass sie ein uneingeschränktes Rückkehrrecht in die Werkstatt besitzen. Durch eine Kombination aus finanzieller Unterstützung an den Arbeitgeber – einem sogenannten Beschäftigungssicherungszuschuss – und kontinuierlicher personeller Unterstützung am Arbeitsplatz – der Betreuungsleistung bietet das Budget für Arbeit mehr Sicherheit und deutliche Vorteile. Das bundesweite Budget für Arbeit ist zum 1. Januar 2018 in Kraft getreten.

EVIM Werkstättenverbund

Der EVIM Werkstättenverbund ist Teil der EVIM Gemeinnützige Behindertenhilfe GmbH und betreibt sechs Werkstattstandorte im Rhein-Main-Gebiet. Er bietet rund 1.000 Menschen mit Assistenzbedarf in- und außerhalb der Werkstätten eine qualifizierte und auf ihre Fähigkeiten abgestimmte Beschäftigung. Die Fachkräfte fördern die Kompetenzen ebenso wie die Persönlichkeit der Klienten und machen sie fit für Jobchancen außerhalb der Werkstätten.
Mehr Infos: https://www.evim.de/betreuungsangebote/evim-behindertenhilfe/die-evim-werkstaetten/

Kennzahlen EVIM Werkstättenverbund (2022)

  • Praktika in Betrieben: 121
  • Ambulanter Berufsbildungsbereich: 30
  • Betriebsintegrierte Beschäftigungsplätze: 167
  • Arbeitsverhältnisse: 5, davon 2 Budget für Arbeit
  • Ausbildungsverträge: 2

Anzahl der Beschäftigten auf Außenarbeitsplätzen

  • 65 Klienten in Wiesbaden
  • 60 Klienten im Main-Taunus-Kreis
  • 5 Klienten im Rheingau
  • 10 Klienten Hochtaunuskreis
  • 20 Klienten im nördlichen Rheingau-Taunus-Kreis (Idstein-Limburg)
  • 10 Klienten in Frankfurt
  • 10 Klienten im Kreis Mainz-Bingen