Einladend und geschmackvoll - in dieser großen und schönen Küche is(s)t man gerne.

Neue Heimat Im Klarenthal

Rund 60 Einrichtungen betreibt die EVIM-Jugendhilfe insgesamt. Nun ist eine Wohngruppe als eine von 15 stationären Einrichtungen in Wiesbaden von Kloppenheim nach Klarenthal gezogen.

Junge Menschen, die von der Jugendhilfe betreut werden, können aus unterschiedlichen Gründen nicht in ihren Familien leben. Das Zusammenleben in den Wohngruppen soll aber ähnlich wie in einem familiären Umfeld verlaufen. Das merkt man dem Neubau auch an, den EVIM für 1,57 Millionen Euro auf einem eigenen Grundstück hat errichten lassen. In der oberen Etage, auf Straßenniveau, befindet sich ein weiträumiges, helles Wohnzimmer mit einer großen Couchgarnitur gegenüber des Fernsehers. Eine Etage tiefer befindet sich genau an derselben Stelle im Haus eine Wohnküche, in der es an einer langen Tafel mehr als genug Platz für die sieben derzeit minderjährigen Bewohnerinnen der Jugendzimmer gibt, die aktuell alle zwölf Jahre oder älter sind. Betreut werden sie hier von einem halben Dutzend pädagogischer Fachkräfte, die von einer Hauswirtschaftskraft sowie einer Praktikantin unterstützt werden. Ein zusätzlicher mit Schrank, Bett und Schreibtisch ausgestatteter Raum dient zudem als Notfallzimmer, falls es mal schnell gehen muss mit einer Unterbringung, etwa im Rahmen einer Krisenintervention. Auf der oberen Etage verfügt das Ende Mai bezogene Gebäude zudem über zwei Apartments, in denen die Bewohner selbstständiges Leben einüben können. Die Apartments verfügen zwar über einen separaten Zugang zur Straße, sind aber im Inneren offen zu den restlichen Räumen. „Hier ist gerade ein 15jähriger eingezogen, der relativ eng an die Wohngruppe angebunden ist. Er isst mit und wird auch morgens geweckt“, berichtet Regionalleiterin Natalie Bachmann. Nach langer ambulanter Betreuung sei der Jugendliche frisch ins Apartment eingezogen. 

Vorteile am neuen Ort

Das Zusammenleben in der Wohngruppe ist so strukturiert, dass es Tage gibt, an denen die privaten Zimmer geputzt werden sowie Tage, an denen die Bäder dran sind, von denen es pro Etage zwei Stück gibt. „Der Ansatz ist, es wie in der Familie zu handhaben. Mit 16 Jahren hat man mehr Freiheiten, als mit zwölf Jahren“, erläutert Klaus Friedrich, der Geschäftsführer im Bereich Jugendhilfe bei EVIM. Bei den Ausgangsregeln gebe es jedoch keine Flexibilität, denn die sind zeitlich nun mal gesetzlich festgelegt. Am vorherigen Standort in Kloppenheim kam mit dem Öffentlichen Personennahverkehr zudem noch ein weiterer regulierender Faktor hinzu. In Klarenthal ist die Gruppe jetzt deutlich besser an den Busverkehr angebunden. Einer von mehreren Aspekten, die für einen Umzug gesprochen haben. Darüber hinaus sei es in Kloppenheim in Räumen unter dem Dach im Sommer ziemlich heiß geworden und die Zimmer seien teils auch unglücklich geschnitten gewesen. Was nicht heißt, dass man sich in der ländlichen Nachbarschaft nicht auch geborgen fühlen konnte. „Morgens aufzuwachen und das Pferd zu riechen war schon gut. Auch das Geräusch von den Hühnern. Die waren so cool“, erinnert sich eine Zwölfjährige, die gut ein Jahr in Kloppenheim verbracht hat. 

Erste Kontakte geknüpft

Der Umzug sei für sie eine gewisse Herausforderung gewesen. „Ich hatte viel zu viele Sachen und musste viel aussortieren“, ergänzt das Mädchen. Alte Klamotten und altes Spielzeug hätten den Weg nach Klarenthal nicht mit angetreten. Am Transport der Kisten sind die Jugendlichen aber nicht beteiligt gewesen. „Ein Umzug mit einer Wohngruppe ist nicht zu unterschätzen. Wir haben das so organisiert, dass die Jugendlichen währenddessen auswärts untergebracht gewesen sind“, verdeutlicht Natalie Bachmann. Verschiedenfarbige Markierungen hätten dafür gesorgt, dass die Kisten im Anschluss richtig zugeordnet werden konnten. „Viele hatten Spaß daran, ihr Zimmer einzurichten“, stellt die pädagogische Fachkraft Sylvia Selishta fest. Auch das Außengelände des Neubaus, das inzwischen weitgehend gestaltet ist, haben die Jugendlichen den Sommer über bereits genutzt. „Wir sitzen auf jeden Fall oft auf der Terrasse. Im Garten waren wir noch nicht so, weil immer was gebaut worden ist“, berichtet eine 15jährige Bewohnerin. Auf der gepflasterten Fläche zwischen dem Gebäude und einem terrassierten Hang habe man aber bereits Tischtennis gespielt oder sei auf einem Hoverboard gefahren. „Nächstes Jahr soll ein Grill angeschafft werden“, kündigt Natalie Bachmann an. Bei den Nachbarn habe die Wohngruppe sich auf Anregung der zwölfjährigen Bewohnerin bereits persönlich vorgestellt, was gleich zu einer guten Verbindung geführt habe. Denn solange die Gruppe in den Sommerferien eine Woche in Frankreich im Urlaub gewesen ist, hätten diese sich um eine Zimmerpflanze der 15jährigen gekümmert. Der neue Standort mit seinen hellen Räumen hat auch Vorteile für die Betreuerinnen. „Die Rückzugsorte haben vorher ein bisschen gefehlt. Das Büro war sehr eng“, berichtet Sylvia Selishta. In Klarenthal dagegen gibt es jetzt vom Team-Raum sogar einen direkten Zugang auf die Terrasse, genau so, wie aus der Wohnküche. (hej)