
„Mittendrin im Sozialraum“ – BeB-Sommertour bei EVIM in Hattersheim
Im Rahmen seiner Sommertour besuchte der Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. (BeB) den Evangelischen Verein für Innere Mission in Nassau (EVIM) am Standort Hattersheim. Der BeB-Vorsitzende Stefan Frank und Geschäftsführerin Barbara Heuerding informierten sich über aktuelle Entwicklungen im Geschäftsbereich Teilhabe und kamen mit EVIM-Vorstand, Geschäftsführung Teilhabe und Fachkräften ins Gespräch.
Ein Sozialunternehmen mitten in Hessen
EVIM zählt zu den größten Sozialunternehmen in Hessen. Seit 2024 sind die Handlungsfelder Altenhilfe, Jugendhilfe, Teilhabe und Bildung in einer gemeinnützigen GmbH gebündelt. „Das ist ein starkes Zeichen für gewachsene Zusammenarbeit und Zusammenhalt bei EVIM“, betonte Vorstandsvorsitzender Matthias Loyal.
Auch kaufmännischer Vorstand Jörg Wiegand machte deutlich, dass EVIM heute „mittendrin statt am Rand“ agiert: Hattersheim habe sich zu einer lebendigen Kommune entwickelt, in der EVIM mit vielfältigen Angeboten Teil des Quartiers ist.
Teilhabe im Alltag sichtbar machen
Der stellvertretende Geschäftsbereichsleiter Teilhabe Holger Thewalt begrüßte die Gäste herzlich im Café Flair: Ein lebendiger Treffpunkt, an dem Klient:innen berufliche Perspektiven entwickeln können – oft der erste Schritt in Betriebe außerhalb der Werkstätten. Wie Sozialraumorientierung hier konkret gelingt, verdeutlichte dann eindrucksvoll Ralf Thies (Leitung berufliche Integration), der über den erfolgreichen Ausbau betriebsinterner Beschäftigungsverhältnisse (BIB) und darauf aufbauend zahlreicher Vermittlungen in den ersten Arbeitsmarkt berichtete.
Ein weiteres Highlight war die Besichtigung des inklusiven Wohnhauses mit Kita unter einem Dach, das Anfang 2026 eröffnet wird. Hier entstehen 22 barrierefreie Wohnplätze kombiniert mit einer Kindertagesstätte. „Wir haben unsere Erfahrungen aus einem ersten inklusiven Projekt weiterentwickelt und noch stärker auf die Bedürfnisse der Bewohner:innen abgestimmt“, erläuterte Nils Bayer, Leiter des Wohnverbunds. Das Konzept verbindet Wohn- und Betreuungsangebote mit moderner Quartiersarbeit, digitalen Lösungen und hoher Barrierefreiheit.
Auch kleinere, aber wirksame Projekte zeigen, wie EVIM Teilhabe im Alltag ermöglicht: Seit acht Jahren betreiben die EVIM Teilhabe mit hochengagierten Klient:innen die Poststelle Hattersheim – ein selbstverständlicher Bestandteil der städtischen Infrastruktur.
Erfolge im Bereich Arbeit und Bildung
Ein Schwerpunkt des Austauschs lag auf den Werkstätten und Bildungsangeboten von EVIM. Stefan Berg, Leiter des Werkstättenverbunds, präsentierte beeindruckende Zahlen:
- 920 Menschen nutzen derzeit Arbeits- und Bildungsangebote.
- 2025 konnten im ersten Halbjahr bereits 8 sozialversicherungspflichtige Vermittlungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt erreicht werden – damit ist EVIM hessenweit bei den Spitzenreitern.
- In 2024 wurden 121 betriebsintegrierte Beschäftigungen (BiB), 43 kombinierte BiB-Plätze (Kombi-BiB) und 98 Praktika in Betrieben realisiert.
„Das zeigt, dass Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt für viele Menschen längst Realität geworden ist“, unterstrich Berg.
Herausforderungen: Inklusion und Unterstützungsbedarf
Im fachlichen Austausch rückten auch die zunehmenden Verhaltensproblematiken in den Blick. Laut Ralf Thies und Nils Bayer nehmen selbst- und fremdgefährdende Verhaltensweisen deutlich zu. Schulen berichteten von ähnlichen Entwicklungen – ein Trend, der Träger vor große Herausforderungen stellt.
„Kein Träger kann dieses Risiko alleine tragen. Es droht ein echtes Drama, wenn Menschen dadurch ausgegrenzt werden“, warnte Stefan Frank. EVIM reagiert mit innovativen Ansätzen, etwa einer Übergangsgruppe mit höherem Betreuungsschlüssel für Menschen mit besonders herausforderndem Verhalten.
Positive Impulse und innovative Konzepte
Trotz aller Herausforderungen gibt es auch Mut machende Entwicklungen:
- Barbara Heuerding verwies auf Fortschritte beim Projekt „Wunsch- und Wahlrecht“: „Wir sehen hier, dass sich durch intensive Arbeit echte Verbesserungen im Alltag der Menschen ergeben.“
- Holger Thewalt: „EVIM ist strukturell und personell sehr gut aufgestellt und kann auf langjährige Erfahrung in klientenzentrierter und sozialräumlich orientierter Arbeit zurückschauen. Dies bildet heute die Basis guter und moderner Angebote.“
So entstehen praxisnahe Lösungen, die über EVIM hinaus Vorbildcharakter haben.
Fachkräfte als Schlüssel für die Zukunft
Wie viele Träger steht auch EVIM vor der Aufgabe, genügend qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Trotz guter Rahmenbedingungen und eines attraktiven Arbeitgeberprofils bleibe dies eine zentrale Herausforderung.
Fazit
Der Besuch in Hattersheim machte deutlich: EVIM ist heute mittendrin im Sozialraum. Ob Café Flair, Poststelle oder inklusives Wohnprojekt – die Beispiele zeigen, wie Teilhabe konkret gelebt wird. Beeindruckende Vermittlungszahlen belegen, dass Menschen mit Beeinträchtigungen echte Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erhalten.
„EVIM zeigt eindrucksvoll, wie Inklusion im Quartier gelingen kann – mit viel Praxisnähe, Kreativität und Mut“, fasste Stefan Frank seinen Eindruck zusammen.
So bleibt der Eindruck, den die BeB-Vertreter:innen mitnahmen: EVIM gestaltet Inklusion nicht am Rand, sondern mitten im Quartier – und setzt Maßstäbe in Hessen. (hk)